Brüssel:Streit um UN-Migrationspakt sprengt Koalition in Belgien

Charles Michel

Charles Michel, Ministerpräsident von Belgien, will den UN-Migrationspakt am Montag in Marrakesch unterzeichnen.

(Foto: dpa)
  • Fünf Monate vor der Parlamentswahl ist die Regierungskoalition in Belgien zerbrochen.
  • Die flämischen Nationalisten lassen das Bündnis wegen eines Streits um den UN-Migrationspakt platzen.
  • Der Liberale Michel will mit einer Minderheitsregierung weiter regieren.

Von Karoline Meta Beisel, Brüssel

Der Streit um den UN-Migrationspakt hat in Belgien zum Bruch der Regierungskoalition geführt. Am Sonntagvormittag erklärten die fünf Minister und Staatssekretäre der flämischen Nationalistenpartei Nieuw-Vlaamse Alliantie (N-VA) aus Protest gegen den Pakt formal ihren Rücktritt. Damit hat die Koalition von Belgiens Premierminister Charles Michel fünf Monate vor der Parlamentswahl im Mai keine Mehrheit mehr im Parlament. Michel will mit einer Minderheitsregierung weiterarbeiten.

Die N-VA hatte schon in den Tagen zuvor mit dem Austritt aus der Koalition gedroht, sollte Michel an seinem Plan festhalten, dem "Globalen Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration" zuzustimmen. Die Vereinbarung wurde von allen UN-Mitgliedern außer den USA ausgehandelt. Sie ist rechtlich nicht bindend und enthält Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Migranten.

Der Pakt soll am Montag auf einer UN-Konferenz in Marrakesch verabschiedet werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird dort eine Rede halten. Sie brach am Sonntag nach Marokko auf. Außenminister Heiko Maas (SPD) warb für den Pakt: "Wenn Menschen in ihrer Heimat eine bessere Lebensperspektive hätten, werden sie sich seltener aufmachen, um anderswo in der Welt ihr Glück zu suchen", sagte Maas der Neuen Osnabrücker Zeitung. In Deutschland seien die in dem Pakt angesprochenen Punkte "überwiegend längst Realität". Das sei aber leider nicht überall auf der Welt so.

Mitte der Woche hatte Belgiens Premierminister Michel, der der französischsprachigen liberalen Partei Mouvement Réformateur (MR) angehört, die Entscheidung über die Zustimmung zum Pakt in die Hände des Parlaments gegeben, das am Donnerstag auch mit Stimmen der Oppositionsparteien für eine Zustimmung stimmte. In einer Krisensitzung des Kabinetts bekräftigte Michel am Samstagabend erneut, den Pakt mittragen zu wollen. Damit entlasse Michel die N-VA aus der Regierung, sagte deren Parteichef, Bart de Wever, im Anschluss.

Michel schließt Vertrauensfrage derzeit aus

Wie Belgiens Regierung weiterarbeiten soll, war am Sonntag zunächst unklar. Reguläre Parlamentswahlen stehen erst Ende Mai 2019 an. Noch am Samstagabend kündigte Michel an, die Regierungsämter, die bislang von Mitgliedern der N-VA besetzt waren, auf die verbleibenden Koalitionäre zu verteilen. Außer MR sind das die flämischen Christdemokraten und die flämischen Liberalen.

Am Sonntag besprach sich Michel mit dem belgischen König. Er werde auch mit den Vertretern der Parteien im Parlament sprechen, sagte er am Sonntag. Er beabsichtige nicht, die Vertrauensfrage zu stellen: "Ich muss unter diesen Umständen nicht um Vertrauen bitten." Auch die N-VA will keine Verantwortung für den Bruch der Koalition übernehmen: "Die Lösung wäre einfach gewesen: Wir hätten uns enthalten sollen", sagte der Ex-Innenminister Jan Jambon (N-VA): Das sei normal, wenn sich Regierungsparteien nicht einigen können.

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