Süddeutsche Zeitung

Brüssel:EU verkauft Nacktscanner

Nacktscanner gesucht? Kein Problem. Das Europaparlament will nun sechs Stück verkaufen. Acht Jahre lang verstaubten die Geräte ungenutzt in den Kellern.

Birgit Kruse

Wenn es um den Einsatz von Nacktscannern geht, hat das Europäische Parlament eine klare Meinung: Es ist dagegen. Bereits im Dezember 2008 haben die Parlamentarier dies mit großer Mehreit beschlossen.

Was die Abegordneten nicht wussten: Die Europäische Union selbst hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Körperscanner erworben. Sechs Geräte im Gesamtwert von 720.000 Euro lagerten seit Jahren im Keller. Von deren Existenz erfuhren die Parlamentarier jedoch erst im Zuge dieser Debatte.

Seit fast acht Jahren verstauben die Geräte nun in den Kellern. Sie gehören noch zur umstrittenen ersten Generation von Scannern. Jetzt sollen sie verkauft werden. Das hat das Plenum des Parlaments bereits Ende April 2009 beschlossen.

Am 15. Januar 2010 beginnt die Ausschreibung für die Geräte, heißt es in einem Schreiben des Generaldirektors des Parlaments, Klaus Welle, an den CSU-Europaagbeordneten Markus Ferber, das sueddeutsche.de vorliegt.

Interessenten könnten das Angebot im Amtsblatt der EU (http://ted.europa.eu) einsehen, schrieb Welle. Angebote könnten bis zum 8. Februar eingesandt werden. Am 26. Februar soll die "Bewertung der Angebote abgeschlossen sein und ein Käufer ausgewählt" werden, heißt es in dem Schreiben. Eine Vertragsunterzeichnung und Übergabe der Geräte könne dann Anfang März 2010 erfolgen.

Das Präsidium hatte sich bereits 2001, nach den Terroranschlägen am 11. September, für den Kauf solcher Geräte entschieden. Die Parlamentsverwaltung hatte sie angeschafft. Seither lagern sie in Parlamentsgebäuden in Straßburg, Brüssel und Luxemburg - bislang ungenutzt.

Nicht einmal der Haushaltsausschuss des Parlaments wusste von der Existenz der Geräte. Zwar wurden die Haushälter über zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen im Parlament informiert. Dass zu dem Paket auch der Kauf von Nacktscannern gehört, wurde nicht erwähnt. Das Präsidium konnte die Gelder für die Scanner freigeben - eine Zustimmung des Haushaltsausschusses war dazu nicht nötig.

Jetzt kann sich jeder für den Kauf der Geräte bewerben, so Ferber. Auch müsse das Parlament nicht über den Käufer informiert werden. Doch der CSU-Politiker hofft, dass das Parlament eine Liste der Interessenten erhält. Er ist überzeugt, dass die Verwaltung aus der Vergangenheit gelernt hat, und im Fall der Nacktscanner nicht mehr "eigenmächtig handeln wird".

Denn seitdem der Kauf der Scanner bekannt geworden ist, gibt es Streit zwischen dem Präsidum und dem Haushaltsausschuss des Parlaments, "der bis heute nicht abgeschlossen ist."

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