Brüssel:EU darf Finanzen der Griechen prüfen

  • Die wichtigsten Verhandlungen über Griechenlands Finanzen werden die internationalen Kreditgeber künftig in Brüssel führen.
  • Experten werden nur noch nach Athen geschickt, um Daten zu prüfen.
  • Bis Ende April muss Griechenland weitere Reformen anstoßen, nur dann werden die beschlossenen Hilfsgelder ausgezahlt.
  • Der erste Schritt soll eine Erhebung der Daten zur finanziellen Lage des Landes sein.

Von Cerstin Gammelin, Brüssel

Die Euro-Partner und Griechenland haben sich nach zwei Wochen Streit darauf geeinigt, noch in dieser Woche mit der Erhebung von Daten zur Haushaltslage in Griechenland zu beginnen. "Die Gespräche starten an diesem Mittwoch", sagte Jeroen Dijsselbloem, der Vorsitzende der Euro-Gruppe, am Montagabend in Brüssel. Damit ist eine erste Kernforderung erfüllt, um den Griechen weiteres Hilfsgeld auszuzahlen.

Die Einigung wurde möglich, weil sich die internationalen Kreditgeber bereit erklärten, die Verhandlungen weitgehend in Brüssel zu führen. "Die wichtigsten Verhandlungen finden in Brüssel statt", sagte Dijsselbloem. Bisher hatten die Kreditgeber Griechenlands in Athen verhandelt. Dorthin sollen jetzt nur noch parallel zu den Brüsseler Gesprächen Teams mit technischen Experten fahren, um Daten zu prüfen. "Das ist der einzige Weg, wie wir verlässliche Daten bekommen, einfach aus praktischen Gründen", sagte Dijsselbloem.

Hintergrund des Streits war das Wahlversprechen von Premier Alexis Tsipras, die verhassten Bürokraten der Troika nicht mehr ins Land zu lassen. Unter diesem Namen waren die Experten von Europäischer Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank bekannt geworden. Der am Montag erzielte Kompromiss gibt Tsipras die Möglichkeit, gegenüber den Bürgern das Gesicht zu wahren.

Griechenland habe verhindert, dass es wieder zu "demütigenden" Besuchen seitens der früheren Gläubigertroika komme, sagte Finanzminister Yanis Varoufakis. Kontrollen "mit Technokraten der drei Institutionen, die im Gleichschritt in unsere Ministerien laufen", gehörten der Vergangenheit an.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mahnt griechische Regierung

Angesichts leerer Haushaltskassen hatte die Regierung Tsipras Ende Februar zugestimmt, das zweite Rettungsprogramm für Griechenland bis Ende Juni zu verlängern. Die noch vorhandenen Hilfsgelder sollten aber erst ausgezahlt werden, wenn die neue Regierung ein in Absprache mit den Kreditgebern modifiziertes Reformprogramm verbindlich beschlossen habe. Als Frist wurde Ende April vereinbart.

Dijsselbloem sagte in Brüssel, mit der jetzt beginnenden Erhebung der Daten zur finanziellen Lage des Landes sei der erste Schritt getan, um das Rettungsprogramm abzuarbeiten und letztlich das Geld auszuzahlen. Danach müsse die finanzielle Lage Athens festgestellt und zugleich geprüft werden, welche Reformverpflichtungen bereits abgearbeitet seien und welche neuen Reformen vereinbart werden. Die Euro-Minister einigten sich darauf, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein Teil der ausstehenden rund 15 Milliarden Euro früher gezahlt werden könnte.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mahnte die griechische Regierung, nicht einseitig Absprachen zu treffen oder begonnene Reformen rückgängig zu machen. Die Kritik bezog sich offenbar darauf, dass die griechische Regierung einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung der humanitären Krise ohne Konsultation mit den Institutionen dem Parlament vorgelegt hat.

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