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Bruderkrieg im Gaza-Streifen:Abbas ernennt neuen Chef der Notstandsregierung

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Der unabhängige Politiker Salam Fajad soll die vom Palästinenserpräsidenten angekündigte Notstandsregierung bilden. Mit der Ernennung ignoriert Abbas die Weigerung des bisherigen Regierungschefs und Hamas-Führers Hanija, von seinem Amt zurückzutreten.

Der unabhängige Politiker Salam Fajad soll die von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas angekündigte Notstandsregierung bilden.

"Der Präsident hat Salam Fajad mit der Bildung der neuen Regierung beauftragt", sagte Abbas-Berater Hikmat Seid in Ramallah.

Fajad war in der aus Hamas und Fatah gebildeten Vorgängerregierung Finanzminister. Angesichts der Gewaltwelle im Gazastreifen hatte Abbas Ministerpräsident Ismail Hanija und sein Kabinett am Donnerstagabend für abgesetzt erklärt.

Fajad arbeitete früher für die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds. Der in den USA ausgebildete Finanzexperte war bereits zweimal Finanzminister in den Palästinensergebieten.

Während seiner ersten Amtszeit von 2002 bis 2005 erwarb er sich einen Ruf als Kämpfer gegen die Korruption in der von Abbas' Fatah-Organisation dominierten Autonomiebehörde.

"Die Tür steht offen"

Unterdessen hat die radikalislamische Hamas nach ihrem Sieg im Gazastreifen eine Amnestie für festgenommene Führer der Fatah verkündet.

Mehrere Fatah-Mitglieder seien bereits freigelassen worden, verlautete aus der Hamas. In den Moscheen im Gazastreifen riefen Hamas-Prediger die Polizei auf, sich dort bis 15.00 Uhr zu stellen und persönliche Waffen abzugeben. Dann gelte auch für sie Straffreiheit. Jubelnde Hamas-Anhänger zogen durch die Straßen.

Der Regierungschef der Hamas-Bewegung, Ismail Hanija, rief Präsident Machmud Abbas zum Dialog auf. Die Tür stehe offen, um die palästinensischen Beziehungen auf der Basis nationaler Interessen neu zu ordnen, sagte Hanija in Gaza. Seine Anhänger forderte er auf, die Plünderungen einzustellen und zu Ruhe und Ordnung zurückzukehren.

Abbas hatte Hanija und die anderen Minister der Hamas zuvor entlassen, nachdem die radikalislamische Bewegung in einem sechstägigen Bürgerkrieg die Macht im Gazastreifen an sich gerissen hatte. Hanija hat die Entlassung als gesetzeswidrig zurückgewiesen.

Bei ihrem Bemühen um Schlichtung im Nahostkonflikt haben nach Ansicht des UN-Sonderberaters für Friedenssicherung, Jan Egeland, alle Beteiligten versagt. Nach der Auflösung der palästinensischen Einheitsregierung sagte der UN-Vizegeneralsekretär dem Radiosender BBC, Warnungen seien nicht beherzigt worden. "Das ist die Chronik eines angekündigten Kollapses", sagte Egeland. "Es ist das Produkt von gescheiterter palästinensischer Politik, gescheiterter israelischer Politik und gescheiterter internationaler Politik".

In der arabischen Welt ist der militärische Erfolg der radikalislamischen Hamas gegen die Fatah im Gazastreifen mit Entsetzen und Sorge aufgenommen worden.

Bei einer Sondersitzung der Arabischen Liga, die am Freitagabend beginnen soll, wollen die Außenminister in Kairo darüber beraten, wie man die rivalisierenden Palästinenser-Fraktionen doch noch zu einer politischen Einigung bewegen könnte. Zweiter Tagesordnungspunkt ist die instabile Lage im Libanon nach dem jüngsten Attentat auf einen Parlamentsabgeordneten.

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dpa/Reuters/AFP
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