Süddeutsche Zeitung

Britischer Thronfolger beim EU-Parlament:Prinz Charles sorgt sich um die Umwelt

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Das EU-Parlament feiert den Besuch des britischen Thronfolgers Prinz Charles, der sich mit seinem Appell für mehr Klimaschutz als weitsichtiger Mahner erweist.

Wolfgang Koydl

Der Prophet, so sagt man, gilt nichts im eigenen Land. Vielleicht war dies der Grund für das mangelnde Interesse der Briten an der Tatsache, dass ihr künftiger König bei den argwöhnisch beäugten Berufs-Europäern in Brüssel Fragen globaler Tragweite ansprach.

Aber auch Prinz Charles selbst befleißigte sich der Tugend britischen Understatements: Noch nicht einmal seine eigene Website vermeldete den Besuch des Thronfolgers in Brüssel. Dort allerdings stufte man die Visite höher ein. Gleich sieben Kommissare - darunter den Deutschen Günter Verheugen - hatte Kommissionspräsident José Manuel Barroso für das Gespräch mit dem Prinzen aufgeboten.

Gut möglich, dass man in Brüssel in diesen Tagen für jeden hochrangigen Gast von der gegenüberliegenden Seite des Ärmelkanals dankbar ist. Premierminister Gordon Brown beispielsweise will sich erst in der kommenden Woche dazu herablassen, den europäischen Institutionen seinen Antrittsbesuch abzustatten, gut neun Monate nach Beginn seiner Amtszeit. Und es ist unklar, ob dieser Reise weitere Besuche folgen werden.

Unter diesen Umständen wollte sich Barroso wenigstens des Prinzen versichern. "Das ist keine Einmalbegegnung", beeilte er sich zu beteuern. "Es wird eine Serie konkreter Initiativen geben." Charles hatte schon vor 16 Jahren in Brüssel vorbeigeschaut. Und im vergangenen Jahr war sein Bruder Andrew dort, der als Vertreter der britischen Industrie durch die Welt reist. Dem Thronfolger indes ging es nicht ums Geschäft.

Die Tatsache, dass er mit seinen ausgedehnten landwirtschaftlichen Interessen einer der größten Empfänger europäischer Agrar-Subventionen auf der Insel ist, dürfte bei seiner Visite keine Rolle gespielt haben. Stattdessen erörterte er eine andere Herzensangelegenheit - den Klimaschutz.

Im Gegensatz zu anderen sorgte sich Charles schon vor Jahrzehnten über die Ausbeutung des Planeten. Doch was ihm einst den Ruf eines Exzentrikers eintrug - schließlich richtet der Prinz auch den Anbau seiner Feldfrüchte nach Mondphasen und Sternzeichen aus - hat ihn heute in den Stand eines vorausschauenden Mahners gehoben.

In seiner Rede vor dem Europaparlament widmete sich der Prince of Wales ausschließlich den Gefahren des Klimawandels im allgemeinen und für den Regenwald im besonderen. "Es mag zwar unglaublich klingen", rief er den Abgeordneten zu, "aber mit den Regenwäldern zerstören wir die Klimaanlage unseres Planeten."

Jedes Jahr, so rechnete er vor, würden 20 Millionen Hektar Regenwald vernichtet oder beschädigt. Für Charles ist dies keine abstrakte Ziffer: "Dies entspricht der Fläche von England, Wales und Schottland" - mithin dem größten Teil des Landes, über das er einmal herrschen wird.

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SZ vom 15.02.2008/jkr
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