Britischer Abhördienst:Die Geheimnisse des GCHQ

Government Communications Headquarters GCHQ at Cheltenham

Die GCHQ-Zentrale im englischen Cheltenham.

(Foto: dpa)
  • Die britische Regierung will Enthüllungen über ihren Geheimdienst GCHQ im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags um jeden Preis verhindern.
  • In einem Brief an das Kanzleramt drohen die Briten die Zusammenarbeit mit dem BND einzuschränken, sollte der Ausschuss darüber informiert werden. Die Zusammenarbeit mit dem GCHQ ist wegen der Terrorbekämpfung wichtig.
  • Versuche der Regierung, den Ausschuss freiwillig zu einem Verzicht zu bewegen, endeten mit einem Skandal, weil Informationen darüber an die Presse gelangten.
  • Die Briten wollen möglicherweise vertuschen, dass sie in Deutschland Spionage betreiben, die nicht nur der Terrorabwehr dient.
  • Ein Vorschlag der SPD, die Akten beim BND sollen von den Obleuten des Ausschusses zuerst unter Aufsicht eingesehen werden, scheint mehrheitsfähig. Ob sich die britische Regierung damit zufrieden gibt, ist ungewiss.

Von Georg Mascolo

Paddy McGuinness ist ein mächtiger Mann. Seit den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden hat der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater in der Regierung Ihrer Majestät viel zu tun, er kämpft darum, den britischen Abhördienst GCHQ aus den Schlagzeilen herauszuhalten. Keine einfache Aufgabe, denn der GCHQ, darauf hat Snowden immer wieder hingewiesen, treibt es ebenso so dreist wie die amerikanische NSA. Zuletzt wurde bekannt, dass die beiden Geheimdienste beim niederländischen SIM-Karten-Hersteller "Gemalto" versucht haben sollen, Verschlüsselungs-Codes gleich millionenfach abzugreifen.

Unliebsame Enthüllungen in Berlin sollen verhindert werden

Zu Hause ist McGuinness bisher recht erfolgreich darin, den Schaden durch solche Enthüllungen zu begrenzen. Inzwischen versucht er aber auch, unliebsame Enthüllungen in Berlin zu verhindern. Im Namen der britischen Regierung hat er einen Brief an das Kanzleramt geschrieben, die darin enthaltene Botschaft machte in den vergangenen Wochen Schlagzeilen. Sie führte zu einem Krisentreffen zwischen Kanzleramtsminister Peter Altmaier, dem Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und den Obleuten des NSA-Untersuchungsausschusses, der seit einem Jahr die Praktiken der Massenüberwachung aufzuklären versucht.

Die Bundesregierung liest die Depesche aus London als unverhohlene Drohung, man werde die Zusammenarbeit mit dem BND empfindlich einschränken, wenn der Untersuchungsausschuss über die Zusammenarbeit zwischen GCHQ und BND unterrichtet wird. Vor allem über eine im Jahr 2012 geplante deutsch-britische Operation dürfe nichts bekannt werden.

Eine Krisenbesprechung reiht sich an die nächste

Seit dem Eingang des Drohbriefes reiht sich im Kanzleramt eine Krisenbesprechung an die nächste, BND-Präsident Gerhard Schindler wurde aus dem Urlaub zurückbeordert. Zwei Alternativen stehen zur Diskussion: dem Untersuchungsausschuss trotz der britischen Warnungen die Akten vorzulegen. Oder dem Parlament unter Verweis auf das Staatswohl die Auskunft zu verweigern.

Beide Entscheidungen sind riskant. Ein Bruch mit den Briten ist gefährlich, zumindest beim Abhören sind sie noch immer eine Weltmacht. Nur von der NSA bekommen die Deutschen noch mehr Informationen, darunter auch auf Terrorverdächtige. Zudem befürchtet der BND eine Art Domino-Effekt: Wenn die Briten den Deutschen misstrauen, würden auch andere Geheimdienste zurückhaltender agieren.

Dem Untersuchungsausschuss jede Information zu verweigern ist ebenso riskant. Schon jetzt kritisiert nicht nur die Opposition eine angeblich übertriebene Geheimhaltung des Kanzleramts. Selbst in den nur in der Geheimschutz-Stelle des Bundestags lagernden Akten sind viele Seiten entnommen oder wesentliche Teile geschwärzt. Sogar das Damenprogramm beim Besuch einer NSA-Delegation wurde unkenntlich gemacht. Einen Vorgang völlig zu verweigern würde den Konflikt weiter verschärfen - zumal die Kooperation zwischen GCHQ und dem BND unstreitig zum Untersuchungsauftrag gehört. Mindestens die beiden grünen Vertreter im Ausschuss, Konstantin von Notz und Hans-Christian Ströbele, scheinen entschlossen zu sein, dann in Karlsruhe zu klagen.

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