Britische Studie:Macht der USA schwindet

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Der Einfluss der Vereinigten Staaten als Weltmacht bröckelt - doch Präsident Obama hat die Zeichen der Zeit erkannt und schmiedet fleißig Bündnisse.

Die USA sind als Weltmacht nicht mehr so unantastbar wie noch vor einigen Jahren. Das ist das Ergebnis einer Studie des Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS). US-Präsident Barack Obama werde sich immer stärker auf seine Partner verlassen müssen, um seine politischen Ziele umsetzen zu können, heißt es im am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht der Londoner Forschungseinrichtung: "Innenpolitisch mag Obama unter dem Motto 'Yes We Can' auftreten; in der Außenpolitik wird er jedoch zunehmend einräumen müssen 'No We Can't' (nein, wir schaffen es nicht)" - zumindest nicht alleine.

Das Land habe allerdings durch die Bewältigung der Wirtschaftskrise seine Stärke beweisen können und werde von anderen Staaten als wichtige Macht angesehen, heißt es im diesjährigen Strategiebericht der britischen Denkfabrik. Zwar sei die ökonomische Vormachtstellung der USA durch die heftigste Wirtschaftskrise seit den dreißiger Jahren gedämpft worden. Doch habe der Zusammenbruch auch die "enormen Ressourcen" des Landes gezeigt, sich erfolgreich gegen diese Ausnahmesituation zu stemmen, schreiben die Autoren.

Umverteilung der Macht

Und doch: "Ganz gleich, welche Maßstäbe man ansetzt, der Anteil der USA an der 'globalen Macht' ist eindeutig rückläufig", erklären Autoren der Studie weiter. Der verzweifelte Kampf der US-Truppen gegen Aufständische im Irak und in Afghanistan habe die Grenzen ihrer militärischen Stärke aufgezeigt. Und die weltweite Finanzkrise habe die wirtschaftliche Basis der USA ausgehöhlt. Zugleich habe Washington die Zugkraft verloren, einen Frieden im Nahen Osten herbeizuführen oder Iran zum Verzicht auf sein Atomprogramm zu bewegen.

Die Autoren des Jahresberichts loben Obama dafür, dass er die Zeichen der Zeit erkannt habe und die Zusammenarbeit mit anderen Staaten suche. Hieraus könnten sich neue Partnerschaften von entscheidender strategischer Bedeutung ergeben - sei es im Atomstreit mit Iran und Nordkorea oder im Kampf gegen die Taliban. Und so kommt die Studie zu dem Schluss: "In den nächsten ein bis zwei Jahren werden die USA ihre Stärke vor allem darauf konzentrieren müssen, möglichst viele Staaten davon zu überzeugen, im Sinne Washingtons mehr Verantwortung zu übernehmen."

Neue Wege

Im Kampf gegen internationale Krisen müssen die politischen Akteure aus Expertensicht neue diplomatische Wege gehen. Um die Lasten beim Ringen um Sicherheit besser zu verteilen und bessere Ergebnisse bei Verhandlungen zu erzielen, sollten auch neue Akteure eingebunden werden, rät das IISS.

Zudem könnten leere Kassen und schlechte Erfahrungen in Krisenregionen eine Abkehr von internationalen Einsätzen bewirken. Dies drohe vor allem dann, wenn solche Einsätze aus humanitären Gründen erfolgten und weniger aus nationalen Interessen, befürchtete der IISS-Vorsitzende John Chipman. Schon Tragödien wie im Sudan oder im Kongo hätten nicht zu den oftmals geforderten abgestimmten internationalen Aktionen geführt.

Sicherheitsarchitektur erneuern

Im Atomkonflikt mit Iran und im Siedlungsstreit zwischen Israel und den Palästinensern sieht das IISS eine wichtige diplomatische Rolle für andere arabische Staaten. So seien sich Israel und seine arabischen Nachbarn einig, dass Iran eine Bedrohung darstelle.

Wegen der ungelösten Siedlungsfrage könnten die Araber jedoch nicht mit Israel gegen die gemeinsame Bedrohung arbeiten. Bei der Suche nach einer Sicherheitsarchitektur, die die iranische Atombedrohung verringert, sollten laut IISS auch Saudi Arabien, Ägypten und die Türkei beteiligt werden.

Das Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) in London gilt als eines der renommiertesten seiner Art. In ihren jährlichen Studien "Military Balance" und "Strategic Survey" informieren die Forscher umfassend über Themen von strategischer Bedeutung. Das Institut wurde 1958 als nationale britische Einrichtung gegründet, gab die begrenzte Perspektive jedoch bald auf. Heute hat das IISS Verbindungen zu Ländern auf allen Kontinenten.

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