EU-Austritt:So könnte der Brexit in die Verlängerung gehen

*** BESTPIX *** Leave And Remain Demonstrators Protest Ahead Of No Deal Vote

Das Brexit-Datum 29. März wankt.

(Foto: Getty Images)

May hat stets betont: Das Vereinigte Königreich verlässt die EU am 29. März. Doch nun steht eine Verschiebung des Austrittsdatums im Raum. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Von Juri Auel

Es war eine zentrale Haltung, die Theresa May unzählige Male wiederholte: Das Vereinigte Königreich werde die Europäische Union am 29. März verlassen, sagte die britische Premierministerin, wann immer es um das genaue Brexit-Datum ging. Doch die Abgeordneten des Unterhauses haben Mays mit der EU ausgehandelten Ausstiegs-Deal inzwischen zweimal abgelehnt. Und sich am Mittwoch zudem auch generell gegen einen No-Deal-Brexit ausgesprochen - was jedoch nicht rechtlich bindend ist.

Damit gilt es aber als ziemlich wahrscheinlich, dass die britischen Abgeordneten am heutigen Donnerstag May den Auftrag erteilen werden, Brüssel um eine Verlängerung der Frist zu bitten. Doch wie lange sich der Ausstieg verschieben lässt und ob die Briten überhaupt mehr Zeit dafür bekommen, haben am Ende andere zu bestimmen.

Für wie lange könnte der Brexit verschoben werden?

Das ist noch nicht sicher. May hat angekündigt, die Abgeordneten ein drittes Mal über ihren Deal abstimmen lassen zu wollen, "wenn es sich für uns richtig anfühlt". Findet sich in den nächsten Tagen doch noch eine Mehrheit für das Abkommen, so wolle sie Brüssel um eine kurze "technische" Verlängerung der Frist um wohl zwei bis drei Monate bitten. Denn um einen geordneten Austritt abzuwickeln, müssten noch einige Gesetze verabschiedet werden. Andernfalls, sagte die Premierministerin, sei ein sehr viel längerer Aufschub notwendig - der, so wird spekuliert, bis zu zwei Jahre dauern könnte.

Was macht eine mögliche Fristverlängerung so kompliziert?

Ein zentrales Problem bei dem ganzen Vorhaben sind die Europawahlen vom 23. bis 26. Mai. Die Wahlen in Großbritannien ausfallen zu lassen, ginge nur unter einer Bedingung: Großbritannien müsste dann spätestens bis zum 2. Juli aus der EU draußen sein. Denn an diesem Tag kommt das neue Europaparlament zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Könnte Großbritannien zu diesem Zeitpunkt noch EU-Mitglied sein, müsste es vorher im Mai an den Wahlen teilnehmen, was ziemlich paradox wäre, weil es die EU ja verlassen möchte. Bleibt das Königreich bis zum 2. Juli Mitglied der EU, ohne an den Wahlen teilzunehmen, könnte die Abstimmung in der ganzen EU ungültig werden. Deswegen strebt Premierministerin May lediglich eine Verschiebung des Brexit bis zum 30. Juni an.

Und wenn der Austritt doch noch weiter nach hinten verschoben würde?

Manche plädieren dafür, denn nur dann bliebe genügend Zeit, um die missratene Brexit-Entscheidung noch einmal von Grund auf zu überdenken und gegebenenfalls sogar mit einem zweiten Referendum zu korrigieren. Wenn der politische Wille dazu existierte, gäbe es dafür auch einen rechtlichen Weg, meint Eleanor Sharpston, die britische Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof. Auf Twitter schrieb sie, das lasse sich relativ leicht bewerkstelligen, ohne dass die Briten an der Europawahl teilnehmen müssten. Denkbar wäre demnach, die aktuellen britischen Europaabgeordneten bis zur endgültigen Entscheidung einfach weiter im Europäischen Parlament sitzen zu lassen. Oder Abgeordnete aus dem britischen Parlament vorübergehend zu entsenden, wie es zu Anfangszeiten des Europäischen Parlaments üblich war. All dies könnte vertraglich in einem Zusatz zum Austrittsabkommen geregelt werden.

Zwar erklärte die EU-Kommission am Donnerstag, bei einer Verschiebung des Austrittsdatums über Ende Mai hinaus müssten die Briten auf jeden Fall an den Europawahlen teilnehmen. Doch muss dies - wie oft beim Brexit - auch als taktische Aussage verstanden werden.

Würde die EU einer Verschiebung zustimmen?

Vermutlich schon, jedoch nicht ohne von London genau zu erfahren, was die Briten in der zusätzlichen Zeit erreichen wollen. "Eine Verlängerung der Verhandlungen, um was genau zu tun?", fragte EU-Chefunterhändler Michel Barnier. EU-Ratspräsident Donald Tusk schrieb auf Twitter, er werde sich für eine lange Verschiebung einsetzen. Das gelte jedenfalls für den Fall, dass Großbritannien seine Brexit-Strategie überdenken wolle und einen Konsens finde.

Was ist Deutschlands Position bei der Frage der Fristverlängerung?

In Brüssel selbst sieht man eine mögliche Verschiebung kritischer als in einigen Mitgliedstaaten. In den EU-Einrichtungen befürchten manche, eine Fristverlängerung könnte das Thema Brexit ewig auf der Agenda halten. Die Bundesregierung hingegen signalisiert Offenheit. Eine Verschiebung des Austritts bis zum 30. Juni sei "einfach", eine Verlängerung bis zum Beginn der Europawahlen am 23. Mai sei sogar "sehr einfach", soll Kanzlerin Angela Merkel einem Bericht des Guardian zufolge gesagt haben. Auch wenn er sich öffentlich anders äußere, sei auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron offen, den Briten mehr Zeit zu gewähren. Kritische Töne kämen hingegen von EU-Staaten, die den Briten traditionell eigentlich wohlgesonnenen sind, wie etwa den Niederlanden.

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