Brexit:Rechtsbrecher Johnson

Der Premier beschädigt das Ansehen seiner Nation.

Von Alexander Mühlauer

Pacta sunt servanda, das ist der wohl älteste Grundsatz des internationalen Rechts. Verträge sind einzuhalten. Das gilt auch für den Austrittsvertrag, den das Vereinigte Königreich mit der EU geschlossen hat. Das Eingeständnis der britischen Regierung, dieses Abkommen mithilfe eines nationalen Gesetzes brechen zu wollen, ist deshalb ein Angriff auf das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, der Großbritanniens Glaubwürdigkeit weltweit erschüttert.

Die Regierung in London behauptet, dieser Rechtsbruch sei nötig, um den Frieden auf der irischen Insel zu wahren. Das ist Nonsens. Denn es ist ja gerade der Austrittsvertrag, der Kontrollen - und damit eine harte Grenze - zwischen Irland und Nordirland verhindert. Premierminister Boris Johnson hat selbst zugestimmt, dass Nordirland weitgehend Teil des EU-Wirtschaftsraums bleibt - anders als der Rest des Vereinigten Königreichs. Jetzt so zu tun, als hätte er nicht gewusst, dass damit Kontrollen für den Warenverkehr zwischen Nordirland und Großbritannien nötig sind, ist schlichtweg unglaubwürdig.

Mit seinem Manöver beschädigt der Premier das Ansehen einer Nation, die zu Recht darauf stolz sein konnte, ein Vorbild in Sachen Rechtsstaatlichkeit zu sein. Hoffentlich finden sich im Unterhaus genügend Tory-Abgeordnete, die Johnson stoppen.

© SZ vom 10.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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