Brexit:"Beginn eines neuen Kapitels"

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Der britische Premierminister Rishi Sunak und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellen die Details der gefundenen Einigung vor. (Foto: Dan Kitwood/Getty Images)

Drei Jahre nach dem Brexit einigen sich die EU und Großbritannien in der Nordirland-Frage. Der britische Premierminister Sunak und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellen die Eckpunkte des Deals vor.

Die EU und Großbritannien haben mit einem neuen Abkommen den jahrelangen Streit über die Brexit-Regelungen für Nordirland beigelegt. Premierminister Rishi Sunak und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellten die Vereinbarung am Montag nach einem Treffen in Windsor westlich von London vor. Sie überboten sich dabei gegenseitig mit Lob für die Zusammenarbeit und das erreichte Ergebnis. Dies sei "historisch", sagte die EU-Kommissionschefin. Beide betonten, es handle sich um ein "neues Kapitel" in den Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien.

Mit Spannung wird erwartet, ob die nordirische Protestantenpartei DUP das Abkommen akzeptieren wird. Die DUP blockiert aus Protest gegen die Regelung seit Monaten die Bildung einer Regionalregierung in Nordirland. Sie steht nun unter Druck, die politische Blockadehaltung aufzugeben. Davon und von der Reaktion der Brexit-Hardliner in seiner eigenen Partei dürfte abhängen, ob Sunak den politischen Handlungsspielraum hat, um es durchzusetzen. Seinen Vorgängerinnen Theresa May und Liz Truss sowie Ex-Premier Boris Johnson war es nicht gelungen, einen Schlussstrich unter den Streit zu ziehen. Noch am Abend wollte er die Vereinbarung im Unterhaus vorstellen.

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Von Alexander Mühlauer

Das Nordirland-Protokoll ist Teil des Brexit-Vertrags über den britischen EU-Austritt. Damit soll verhindert werden, dass Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Republik Irland eingeführt werden müssen. Andernfalls wird mit einem Wiederaufflammen des Konflikts um eine Vereinigung der beiden Teile Irlands gerechnet.

Durch das Nordirland-Protokoll ist de facto eine Zollgrenze zwischen Großbritannien und der EU in der Irischen See entstanden, die Nordirland vom Rest des Vereinigten Königreichs trennt. Daran gibt es scharfe Kritik, denn die Zollkontrollen sorgen auch für Schwierigkeiten im innerbritischen Handel und die protestantischen Anhänger der Union in Nordirland fühlen sich von Großbritannien abgeschnitten.

Das neue Abkommen sehe vor, dass der Handel zwischen Großbritannien und Nordirland reibungslos künftig verlaufe, sagte Sunak. Eine Grenze werde nicht mehr spürbar sein, so der Premier. Für Waren, die für Nordirland bestimmt seien, solle es eine "grüne Fahrspur" geben, ähnlich wie der grüne "Nichts zu verzollen"-Ausgang am Flughafen. Zudem solle das nordirische Parlament ein Mitspracherecht haben bei der Frage, ob neue EU-Regelungen auf die Provinz Anwendung finden sollen.

Vertreter aus London und Brüssel hatten seit Inkrafttreten des Brexit-Vertrags 2020 darum gerungen, Lösungen für die entstandenen Probleme zu finden. Einseitig von London verhängte Übergangsphasen sorgten dafür, dass notwendige Kontrollen zunächst noch nicht in vollem Umfang stattfanden. Während Ex-Premier Boris Johnson und seine Kurzzeit-Nachfolgerin Liz Truss damit drohten, das Protokoll einseitig aufzukündigen, schlug der aktuelle Premierminister Rishi Sunak konstruktivere Töne an.

Entscheidend für den Erfolg einer Einigung ist, ob Sunak es schaffen wird, die größte protestantisch-unionistische Partei in Nordirland, DUP, hinter sich zu bringen. Diese blockiert aus Protest gegen das Protokoll seit Monaten eine Regierungsbildung in dem britischen Landesteil und fordert drastische Änderungen. Auch der harte Kern der Brexit-Anhänger in der britischen Tory-Partei und sein Vorvorgänger Johnson warnten Premierminister Sunak vor zu großen Zugeständnissen an die EU.

Das britische Parlament soll über den mit Brüssel ausgehandelten Deal noch abstimmen dürfen. Die oppositionelle Labour-Partei hat der konservativen Regierung dafür ihre Unterstützung angekündigt.

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