Brexit:Abgeordnete bereiten Klage gegen Johnson vor

Brexit: "Er ist genauso an das Rechtsstaatsprinzip gebunden wie jeder andere in diesem Land": der ehemalige britische Generalstaatsanwalt Dominic Grieve über Premierminister Boris Johnson (im Bild).

"Er ist genauso an das Rechtsstaatsprinzip gebunden wie jeder andere in diesem Land": der ehemalige britische Generalstaatsanwalt Dominic Grieve über Premierminister Boris Johnson (im Bild).

(Foto: AP)
  • Ein neues Gesetz soll in Großbritannien einen Brexit ohne Abkommen verhindern. Es soll voraussichtlich am Montag von der Queen unterzeichnet werden und damit in Kraft treten.
  • Abgeordnete fürchten aber, dass Boris Johnson und die Regierung sich trotzdem darüber hinwegsetzen könnten. Sie bereiten sich auf eine gerichtliche Auseinanderstezung vor.
  • Experten warnen, dass Johnson in letzter Konsequenz sogar eine Gefängnisstrafe drohen könnte, wenn er das Gesetz bricht.

Die Gegner des No-Deal-Brexits bereiten sich Medienberichten zufolge auf eine gerichtliche Auseinandersetzung mit der Regierung vor. Sie fürchten, dass die von Boris Johnson geführte Regierung versuchen könnte, das neue Gesetz, das einen EU-Austritt ohne Abkommen untersagt, zu umgehen oder zu brechen. Das berichteten mehrere britische Medien unter Berufung auf Parlamentskreise. Das Gesetz soll voraussichtlich am Montag von der Queen unterzeichnet werden und tritt anschließend in Kraft.

Johnson hatte es mehrfach ausgeschlossen, bei der EU eine erneute Verschiebung des Brexit-Datums zu beantragen und ist fest entschlossen, sein Land am 31. Oktober auch ohne Abkommen aus der EU führen zu wollen. Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag erst hatte er betont, dass er "lieber tot im Graben liegen" wolle, als bei der EU um eine erneute Verschiebung des EU-Austritts zu bitten.

Das am Freitag verabschiedete Gesetz gegen den ungeregelten EU-Austritt sieht jedoch vor, dass die Regierung eine Verlängerung der Brexit-Frist beantragen muss, wenn bis zum 19. Oktober kein Abkommen ratifiziert ist. Hellhörig wurden Johnsons Gegner, als er am Freitag Reportern sagte, das Gesetz sehe nur "theoretisch" eine Brexit-Verschiebung vor.

Gericht kann Regierung per Verfügung verpflichten

Spekuliert wird nun, die Regierung könne mangels Alternativen versuchen, das Gesetz einfach zu ignorieren oder ein Schlupfloch zu finden, um es zu umgehen. Doch Experten warnten, Johnson könnte im Extremfall im Gefängnis landen, sollte er sich über das Gesetz stellen.

"Er ist genauso an das Rechtsstaatsprinzip gebunden wie jeder andere in diesem Land", sagte der ehemalige Generalstaatsanwalt Dominic Grieve der BBC am Samstag. "Wenn er sich nicht daran hält, kann er vor Gericht verklagt werden. Das Gericht würde nötigenfalls eine Verfügung erlassen, die ihn dazu verpflichtet (...) hält er sich nicht an die Verfügung, könnte er ins Gefängnis geschickt werden."

Johnson will am Montag im Unterhaus über eine Neuwahl am 15. Oktober abstimmen lassen, um das Gesetz mit einer Parlamentsmehrheit rechtzeitig noch einmal zu ändern. Doch die Opposition hat bereits klar gemacht, dass sie das nicht zulassen wird. Für eine vorgezogene Wahl ist die Zustimmung von zwei Dritteln aller Abgeordneten notwendig.

Churchill-Enkel rechnet mit dem Premier ab

Auch in Johnsons eigener Partei hat sich Widerstand gegen den Premier formiert. 21 Tory-Abgeordnete hatten am Mittwoch für das Gesetz gegen den No-Deal-Brexit gestimmt und waren daraufhin am Donnerstag von Johnson aus der Fraktion geworfen worden.

Unter ihnen ist auch der Nachkomme des legendären britischen Kriegspremiers Winston Churchill (1874-1965), Nicholas Soames. Dieser rechnete in einem Interview mit dem aktuellen Regierungschef ab. "Boris Johnsons Erfahrung im Leben besteht daraus, eine Menge Lügen über die Europäische Union in Brüssel erzählt zu haben und dann Premierminister geworden zu sein", sagte Soame der Times.

Obwohl Johnson häufig nachgesagt wird, er würde Churchill nacheifern wollen, könne er keine Ähnlichkeiten erkennen. Er glaube, sein Großvater würde es nicht befürworten, die "außergewöhnliche Beziehung, die wir mit dieser großartigen Europäischen Union haben" aufzugeben, fügte Soames hinzu.

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