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Jacob Rees-Mogg:Der Mann, der Theresa May das Leben schwer macht

Der Brexit-Hardliner Jacob Rees-Mogg ist einer der radikalsten und einflussreichsten EU-Gegner bei den Tories. Viele Konservative sehen den Multimillionär als möglichen May-Nachfolger.

Von Björn Finke, London

Da steht er wieder auf dem Bürgersteig im Regierungsviertel Whitehall in London. Um ihn herum Journalisten, vor ihm Kameras und Mikrofone. Jacob Rees-Mogg, konservativer Abgeordneter aus der englischen Grafschaft Somerset, ist wie immer akkurat gescheitelt, wie immer trägt er Anzug und Krawatte, wobei der Anzug unter einem Wintermantel verschwindet.

Und wie immer macht der 49-Jährige seiner Regierungs- und Parteichefin Theresa May das Leben schwer. Der Politiker bekräftigt seine Forderung, dass der sogenannte Backstop im Austritts-Abkommen geändert werden muss, sollen er und andere Brexit-Enthusiasten dem Vertrag zustimmen.

Am Dienstag debattierte das Unterhaus über das weitere Vorgehen beim Brexit. Und Rees-Mogg war wieder ein gefragter Interviewpartner. Das ist der Multi-Millionär, der sein Geld mit einer Investmentfirma gemacht hat, schon seit fast drei Jahren. Der Politiker ist einer der radikalsten und einflussreichsten EU-Gegner bei den Tories, den Konservativen.

Er trommelte vor dem Referendum 2016 mit viel Einsatz für den Austritt. Seit der Volksabstimmung verwendet er seine Energie darauf, für einen harten Brexit zu kämpfen, ohne Mitgliedschaft in Binnenmarkt oder Zollunion. Im vorigen Januar wurde er Vorsitzender der European Research Group (ERG), des Bündnisses der EU-Gegner in der konservativen Fraktion.

Diesen Anhängern eines harten Brexit missfällt vor allem der Backstop im EU-Austrittsvertrag. Diese Regelung könnte das Königreich in einer Zollunion mit der EU halten, um Zollkontrollen auf der irischen Insel zu verhindern.

Den vorläufigen Höhepunkt erreichte Rees-Moggs Guerillakrieg gegen den Brexit-Kurs seiner Premierministerin im Dezember. Da stimmte die Fraktion auf Betreiben der ERG darüber ab, ob May noch ihr Vertrauen genieße. May gewann, und Rees-Mogg zeigte sich als schlechter Verlierer. Er nannte Mays Ergebnis "fürchterlich" und rief sie zum freiwilligen Rücktritt auf.

Das passte so gar nicht zum Bild des altmodischen, exzentrischen Gentlemans vom Lande, das Rees-Mogg sonst gerne kultiviert. Er stammt aus wohlhabendem Elternhaus und wuchs in Somerset auf. Sein Vater war Chefredakteur der konservativen Tageszeitung The Times. Nach teuren Privatschulen wie Eton folgte ein Geschichtsstudium in Oxford. Bereits als Schüler interessierte er sich für Geldanlage, er beklagte sich als Zwölfjähriger auf der Hauptversammlung einer Firma über die niedrige Dividende. Zeitungen griffen das auf; ein Foto zeigt, wie der junge, Krawatte tragende Jacob die Financial Times liest, neben ihm Teddybären.

Ansichten am äußersten rechten Rand der Tories

Seine Frau bringt ebenfalls viel Geld in die Ehe; ihre sechs Kinder haben Namen von Päpsten und Heiligen, denn Rees-Mogg ist Katholik. Mit 27 Jahren wird er erstmals als Kandidat für die Parlamentswahl aufgestellt, ist aber chancenlos. Erst 2010, im dritten Anlauf und in einem anderen Wahlkreis, zieht der Konservative ins Unterhaus ein. Wegen seines altmodischen Gehabes wird er auch als "Abgeordneter für das 18. Jahrhundert" bespöttelt. "Ich habe niemals behauptet, ein moderner Mann zu sein, ganz und gar nicht", sagt er dazu.

Das amüsante, selbstironische Auftreten kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich seine Ansichten am äußersten rechten Rand der Partei bewegen. Rees-Mogg ist gegen Homo-Ehe und Abtreibung, er lehnt großzügigere Sozialleistungen oder Entwicklungshilfe ab - und er ist, wie sein Vater früher, eingefleischter EU-Gegner.

Der Abgeordnete mit den guten Manieren, dem vornehmen Akzent und den radikalen Meinungen war lange eine bizarre Randfigur in Westminster. Doch nun geben viele Parteimitglieder in Umfragen an, dass sie sich Rees-Mogg als Nachfolger Mays an der Regierungsspitze vorstellen könnten. Seine Beliebtheit hat der Politiker dem Brexit zu verdanken. Er ist ein Gewinner des Austritts. Das Land aber hat viel zu verlieren.

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SZ vom 30.01.2019/gal
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