Süddeutsche Zeitung

EU-Ausstieg der Briten:Deal oder No Deal

Lesezeit: 2 min

Von Cathrin Kahlweit, London

Was in den kommenden Wochen auf die britische Politik zukommt, hat einen neuen Namen bekommen: Von einem "Guerillakrieg" spricht man derzeit in den Medien und Parteien, um zu beschreiben, was sich von diesem Dienstag an in Westminster abspielen wird. Denn die Parlamentarier und das Kabinett sind aus den Weihnachtsferien zurückgekehrt und machen sich bereit für einen Kampf um den Brexit, der mithilfe von Anträgen und Gesetzen, legalistischen Finessen, parteiübergreifenden Vorstößen und Hinterzimmerabsprachen ausgefochten werden soll.

Der erste Versuch, 80 Tage vor dem EU-Austritt das Steuer noch herumzureißen, startet in dieser Woche. Etwa 200 Abgeordnete haben einen Brief an Theresa May mit der inständigen Bitte geschrieben, einem No Deal, also einem vertragslosen Austritt aus der Europäischen Union, eine Absage zu erteilen - selbst dann, wenn der mit Brüssel ausgehandelte Vertrag, der nächste Woche Dienstag zur Abstimmung gestellt werden soll, im Unterhaus durchfällt. Zudem soll über einen Gesetzeszusatz abgestimmt werden, der es dem Finanzminister erschwert, im Budget für 2019 zusätzliches Geld für einen No Deal einzustellen.

Unterdessen sitzt die Premierministerin in Downing Street mit ihren Beratern zusammen. Sie wollen unter anderem darüber entscheiden, ob die Abgeordneten bis zum Brexit-Stichtag am 29. März die Wochenenden durcharbeiten müssen und die Winterferien im Februar gestrichen werden müssen. Denn dem Unterhaus steht - selbst im Falle eines überraschenden Sieges der Regierung beim Votum in der kommenden Woche - noch eine Menge Arbeit bei der Übertragung des Vertrags mit der EU in britisches Recht bevor.

Maas trifft sich mit dem irischen Außenminister

Sollte May keine Mehrheit für ihren Vorschlag bekommen, ist alles offen; das Königreich betrete dann "Neuland", sagte sie am Sonntag in der BBC. Bis dato klammert sich die Premierministerin an die Hoffnung, dass sie den Deal doch noch durch das Parlament bekommt. Sie verhandele weiter mit Brüssel über zusätzliche Zugeständnisse, betonte sie, und wolle auch dem Parlament mehr Mitspracherecht bei der Ausformung der Erklärung über die künftigen politischen Beziehungen zur EU zugestehen. Konkret wurde sie dabei nicht.

Derweil reist der deutsche Außenminister Heiko Maas am Dienstag nach Dublin, um sich dort mit seinem Kollegen Simon Coveney zu treffen. Dem Vernehmen nach arbeiten beide Länder an Angeboten, die dem britischen Parlament eine Zustimmung zum Austrittsvertrag erleichtern könnten. Theresa May versucht derweil mit einer Mischung aus Charmeoffensive und Druck, ihre Fraktion zu einem Ja zu bringen und den Kooperationspartner, die nordirische DUP, umzustimmen. Diese will bei ihrem Nein zum Brexit-Vertrag bleiben. An zwei Abenden in dieser ersten Arbeitswoche nach der Winterpause sind zaudernde Abgeordnete daher zu einem Umtrunk mit May eingeladen. Es darf bezweifelt werden, dass das reicht, um die Stimmung zu drehen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4277712
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 08.01.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.