Europäische Union:Maas warnt vor Scheitern der Brexit-Gespräche

Europäische Union: Bundesaußenminister Heiko Maas (rechts) und EU-Chefunterhändler Michel Barnier, der am Montag nach Berlin kam.

Bundesaußenminister Heiko Maas (rechts) und EU-Chefunterhändler Michel Barnier, der am Montag nach Berlin kam.

(Foto: AP)

Die Menschen hätten genug mit Corona zu tun, um auch noch einen "No deal" verkraften zu können, sagt der Außenminister.

Von Daniel Brössler, Berlin

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat vor einem Scheitern der Verhandlungen über ein neues Handelsabkommen mit Großbritannien gewarnt. "Die Corona-Pandemie hat die Gespräche noch schwieriger gemacht - und zwar in jeder Hinsicht. Aber sie hat auch eine Einigung noch dringlicher gemacht", sagte Maas am Montag vor einem Gespräch mit dem EU-Chefunterhändler Michel Barnier in Berlin. Die Menschen "auf beiden Seiten des Kanals" hätten genug damit zu tun, die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen aufgrund der Pandemie zu schultern. "Deshalb wäre es völlig unverantwortlich, ihnen in dieser Lage noch zusätzliche Probleme durch einen No-Deal aufzubürden", warnte Maas.

Barnier war zu Gesprächen mit Maas und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Berlin gekommen, um sich der Rückendeckung der Bundesregierung für die dramatische Schlussphase der Verhandlungen zu versichern. Der britische Premierminister Boris Johnson hat angekündigt, ein Scheitern der Verhandlungen notfalls in Kauf nehmen zu wollen. Deutschland hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne.

Keine Annäherung in wesentlichen Punkten

Ende Dezember endet die Übergangsfrist, in der Großbritannien trotz seines Austritts aus der EU noch Teil des Binnenmarktes und der Zollunion ist. Um rechtzeitig ein neues Handelsabkommen durch die Parlamente ratifizieren zu lassen und in Kraft setzen zu setzen, müssten die Verhandlungen noch im Oktober abgeschlossen werden. Die EU und Großbritannien sind aber nach wie vor uneinig in wichtigen Punkten. Ziel ist ein Abkommen, das zollfreien Handel ermöglicht. Die EU fürchtet allerdings Dumping und will verhindern, dass Großbritannien sich durch überhöhte Staatshilfen oder niedrigere Normen etwa im Umweltbereich einen unlauteren Wettbewerbsvorteil verschafft. So gibt es bislang keine Einigung über die Regelung von Staatshilfen oder die Schlichtung von Streitfragen. Gestritten wird auch über die Fischereirechte. Ein Telefonat von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Johnson am Wochenende brachte keine Annäherung in den wesentlichen Streitpunkten.

"In den letzten Tagen kam Bewegung in die Verhandlungen, aber in eine gefährliche Richtung", warnte die europapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Franziska Brantner. Es dürfe bei den künftigen Umwelt-, Sozial- und Verbraucherschutzstandards kein Abwärtsrennen geben. Die Standards der EU müssten Voraussetzung für den Zugang zum Binnenmarkt bleiben. "Die Bundesregierung darf nicht tatenlos zusehen und einen Deal um jeden Preis durchdrücken, nur um in der Ratspräsidentschaft gut dazustehen", sagte sie. Im Zweifel sei "kein Deal besser als ein schlechter Deal, der unserem Binnenmarkt schadet".

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