Brexit:"Last call" im britischen Parlament

Brexit

Premierministerin Theresa May will den Austrittsantrag Ende März in Brüssel einreichen.

(Foto: dpa)
  • Das britische Unterhaus stimmt final darüber ab, ob die Regierung den Austritt des Landes aus der EU beantragen darf.
  • Bereits vergangene Woche hatten die Abgeordneten das Gesetz mit großer Mehrheit gebilligt, das gleiche Ergebnis wird erneut erwartet.

Von Christian Zaschke, London

Es sind Politiker aus dem Norden Großbritanniens, die in diesen Tagen für das meiste Aufsehen in London sorgen. Der ehemalige schottische Ministerpräsident Alex Salmond, mittlerweile außenpolitischer Sprecher der Scottish National Party (SNP) und Abgeordneter in Westminster, bereicherte die Brexit-Debatte um eine ebenso heitere wie scharfe Rede. In ihr erklärte er der Regierung im Wesentlichen, dass sie wirklich nicht wisse, was sie da tue. Salmond kann ein unerträglicher Besserwisser sein, aber er ist auch ein glänzender Orator. Zudem ist er einer der wenigen Parlamentarier, die trotz des Referendums über den Austritt aus der EU weiterhin deutlich sagen, was sie vom Brexit halten: nichts.

Salmond hielt seine Rede am Dienstag, am Mittwoch wurde die Debatte fortgesetzt, um am Abend mit der Abstimmung darüber beendet zu werden, ob die Regierung Brüssel offiziell und gemäß Artikel 50 der EU-Verträge vom Austrittswunsch der Briten unterrichten darf. Es war die dritte und letzte Lesung des entsprechenden Gesetzes. Bereits vergangene Woche hatten die Abgeordneten es mit großer Mehrheit gebilligt, das gleiche Ergebnis wurde erneut erwartet. Anschließend wandert das Gesetz ins Oberhaus. Auch dort wird Zustimmung vorausgesagt, was den Weg frei machen würde für den Plan von Premierministerin Theresa May, den Scheidungsprozess noch im März einzuleiten.

Labour-Fraktionszwang für das Brexit-Gesetz

Während Salmonds Rede rumorte es auf den Regierungsbänken, die Konservativen sind es nicht gewohnt, rhetorisch so vorgeführt zu werden. Die Labour-Abgeordneten, so schien es, blickten fast sehnsuchtsvoll auf Salmond, als wünschten sie sich einen ebenso entschlossenen Redner als Chef. Labour-Boss Jeremy Corbyn hatte seine Partei jedoch bei strengstem Fraktionszwang angewiesen, das Brexit-Gesetz zu unterstützen, obwohl die Mehrheit der Fraktion gegen den Austritt aus der EU ist.

Für Salmond ist es vergleichsweise einfach, eine Anti-Brexit-Position zu beziehen, obwohl die Mehrheit der Briten dafür gestimmt hat, er muss sich nur auf die Wähler in Schottland konzentrieren. Die wiederum waren mit klarer Mehrheit gegen den Austritt. Das macht sich auch die schottische Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon zunutze, die mehr Einfluss auf die Verhandlungen mit Brüssel verlangt und außerdem andeutet, es könnte eine neuerliche Volksabstimmung über die Unabhängigkeit geben, falls ihre Wünsche nicht berücksichtigt würden. Sie will, dass Schottland Mitglied des europäischen Binnenmarktes bleibt, obwohl der Rest des Vereinigten Königreichs austritt.

Um ihrer Entschlossenheit Ausdruck zu verleihen, hat sie im schottischen Regionalparlament eine Abstimmung darüber anberaumt, ob die Zentralregierung in London den Austrittsprozess beginnen darf. Ergebnis: 90 Abgeordnete waren dagegen, lediglich 34 dafür. Konkrete Folgen hat das nicht, weil Mays Regierung dieses Votum nicht berücksichtigen muss. Es wird aber in Westminster sehr wohl registriert, wie Sturgeon unentwegt Druck aufbaut. Premierministerin May reagierte am Mittwoch im Parlament, säuerlich. Ein unabhängiges Schottland, erklärte sie gereizt, werde sicherlich nicht Teil der EU werden können.

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