Brexit:Im Schengen-Raum, aber nicht in der EU

Brexit: Zwischen allen Grenzen: Wer in Gibraltar wirklich das Sagen hat, bleibt nach dem Brexit weiterhin offen.

Zwischen allen Grenzen: Wer in Gibraltar wirklich das Sagen hat, bleibt nach dem Brexit weiterhin offen.

(Foto: Jorge Guerrero/AFP)

Spanien und Großbritannien haben sich über die Zukunft Gibraltars verständigt. Pendlern bleiben tägliche Passkontrollen erspart. Doch die Einigung hat pikante Folgen.

Von Karin Janker, Madrid

Die Einigung kam in letzter Minute: Am letzten Tag des alten Jahres haben sich Spanien und Großbritannien darauf verständigt, dass Gibraltar dem Schengen-Raum beitritt. Auf diese Weise werde vermieden, dass die Grenze zwischen Spanien und Gibraltar in der Folge des Brexits zu einer harten EU-Außengrenze werde, sagte die spanische Außenministerin Arancha González Laya am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Tausenden Spaniern und Gibraltarern blieben damit künftig Passkontrollen etwa bei täglichen Pendelfahrten zwischen Wohn- und Arbeitsort erspart. Die Bewohner von Gibraltar können aufatmen, so González Laya.

Die Details der Lösung sollen in den nächsten sechs Monaten ausgehandelt werden. Während dieser Übergangsfrist ist es an der Europäischen Kommission, die Einigung in einen Vertrag zu gießen. Der britische Außenminister Dominic Raab sagte, das Ziel der Unterhändler sei ein flüssiger Grenzverkehr gewesen. Das liege im Interesse der Menschen auf beiden Seiten. In Gibraltar leben etwa 33 000 Menschen, viele von ihnen arbeiten im wenige Kilometer entfernten Spanien.

Großbritanniens Premier Boris Johnson begrüßte die Einigung auf Twitter und kündigte an, weiterhin die Interessen von Gibraltar und der britischen Souveränität zu verteidigen. Auch Gibraltars Regierungschef Fabian Picardo zeigte sich erfreut. "Wir haben die schlimmsten Folgen des Brexits vermieden", sagte er nach der Einigung. Spaniens Premierminister Pedro Sánchez sprach von einem "Fortschritt für die Bürger".

Gibraltar will keine spanischen Grenzkontrolleure

Pikant bleiben allerdings die politischen Details sowie die Folgen der Einigung. Da sich mit dem Schengen-Beitritt die EU-Außengrenze an den Flughafen und Hafen von Gibraltar verschiebt, sollen dort Mitarbeiter der EU-Grenzkontrollagentur Frontex eingesetzt werden. Dies war eine Forderung Gibraltars, um zu verhindern, dass spanische Beamte die Grenzen kontrollieren. Doch Außenministerin González Laya betonte am Donnerstag auch, dass die Aufsicht über die Frontex-Kontrollen am Ende bei Spanien liege. Nach einer Übergangsfrist von vier Jahren wolle Spanien dann generell die Grenzkontrollen übernehmen.

Madrid zufolge sei Spanien gegenüber anderen Schengen-Staaten in der Pflicht, die Außengrenze zu kontrollieren. Großbritannien könne das nicht, weil es nicht zum Schengen-Raum gehört, Gibraltar ebenfalls nicht, weil es kein Staat ist. Da Spanien und Großbritannien seit 300 Jahren über die Hoheit über das Gebiet streiten, ist die Frage, wer an der Grenze die Pässe kontrolliert, alles andere als eine Lappalie. Spaniens Rechte kritisierten die links-sozialistische Regierung dafür, in der Frage der Souveränität aus spanischer Sicht keine Fortschritte erzielt zu haben.

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