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Brexit-FAQ:Was sich jetzt alle zum Brexit fragen

Wer hat für den EU-Austritt gestimmt und wer dagegen? Und was wird aus Irland? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Brexit.

Von Esther Widmann

Wann genau tritt das Vereinigte Königreich aus?

Die EU sieht für Austrittsverhandlungen einen Zeitraum von zwei Jahren vor. Die Brexit-Befürworter von Vote Leave haben angekündigt, einige Regelungen, etwa zur Immigration, sofort zu ändern - ob sie das durchsetzen können, ist allerdings fraglich. Die Details des Ablaufs eines Austritts erklärt meine Kollegin Deniz Aykanat.

Wer war für den Austritt, wer dagegen?

Zwei Landesteile haben sich klar für einen Verbleib ausgesprochen: Schottland und Nordirland (und, mit fast 96 Prozent, Gibraltar). In Wales stimmten mehr Menschen für einen Austritt, nur fünf von 22 Wahlkreisen waren für die EU. Die Hauptstadt London sprach sich erwartungsgemäß für die EU aus, ebenso wie die Wähler in einigen anderen größeren Städten, darunter Manchester, Leicester, York, Newcastle, Liverpool, Bristol, Brighton, Leeds, Sheffield sowie die Universitätsstädte Oxford und Cambridge. Im restlichen England und dabei vor allem in ländlichen Gegenden gab es eine Mehrheit für einen Austritt. In der interaktiven Karte von Katharina Brunner finden sich die Einzelheiten.

Offenbar haben auch deutlich mehr Labour-Wähler für "Leave" gestimmt als angenommen. So sprachen sich die Menschen in den walisischen Städten Swansea und Newport, die normalerweise fest in der Hand von Labour sind, für den Austritt aus. Es gibt außerdem Analysen, wonach viele Arbeiter und ältere Menschen für den Austritt gestimmt haben.

Was bedeutet das Votum für EU-Bürger, die im Vereinigten Königreich leben oder dorthin reisen wollen?

Erstmal ändert sich - wahrscheinlich - nichts, weil alle EU-Regeln noch gelten und damit auch das der Freizügigkeit: EU-Bürger dürfen weiterhin ins Vereinigte Königreich reisen (sie müssen allerdings einen Ausweis vorzeigen, da das Land nicht Teil des Schengen-Raums ist) und dort wohnen und arbeiten. Das hat auch Premierminister David Cameron in seiner Ansprache am Freitagmorgen noch einmal betont. Ob all das nach dem EU-Austritt noch möglich sein wird, hängt von den Verträgen ab, die London mit der Staatengemeinschaft aushandelt. Allerdings war es das wichtigste Argument der Austritts-Befürworter, die Immigration zu beschränken. Was sich für Touristen ändert, erklären wir hier.

Was bedeutet das für die Einheit des Vereinigten Königreichs?

Es könnte sich vollständig auflösen. Im vergangenen Jahr stimmte eine knappe Mehrheit der Schotten noch gegen die Unabhängigkeit. Die Erste Ministerin von Schottland und Chefin der Scottish National Party, Nicola Sturgeon, hat wiederholt angedeutet, dass sie im Falle des EU-Austritts ein weiteres Unabhängigkeits-Referendum abhalten will. Die Schotten haben mehrheitlich für einen Verbleib in der EU gestimmt, was einen weiteren Keil zwischen sie und die europaskeptischen Engländer treiben wird.

Auch der Stellvertretende Erste Minister von Nordirland, Martin McGuiness, fordert eine Abstimmung: Da die Menschen in Nordirland sich mehrheitlich für die EU ausgesprochen haben, müssten sie als Teil des Vereinigten Königreiches gegen ihren Willen aus dem Staatenbund austreten. Sinn-Féin-Mann McGuiness sieht deshalb eine Chance für eine Wiedervereinigung der Insel: Der südliche Teil, die Republik Irland, ist nach wie vor Mitglied der EU.

Was bedeutet das für die Europäische Union?

Vollständig zerbrechen wird sie wohl nicht. Allerdings deutet sich an, dass in anderen Mitgliedsstaaten nun ebenfalls Forderungen nach Referenden lauter werden, zum Beispiel in Frankreich, Dänemark oder den Niederlanden. Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders hat am Freitagmorgen bereits eine solche Abstimmung gefordert, ebenso Front-National-Chefin Marine Le Pen in Frankreich. Wie wahrscheinlich ein Austritt weiterer EU-Länder ist, haben wir hier zusammengetragen.

Wer wird Nachfolger von David Cameron als Premierminister?

Der konservative Premierminister David Cameron hatte mit dem Referendum eigentlich die EU-Gegner in der eigenen Partei beschwichtigen wollen. Das ist schiefgegangen, Cameron hat die Kampagne verloren und hat für die nächsten Monate seinen Rücktritt angekündigt. Als wahrscheinlichster Nachfolger gilt vielen der in der Bevölkerung sehr beliebte Boris Johnson, der bis vor Kurzem Bürgermeister von London war. Mehr über Boris Johnson hat Antonie Rietzschel zusammengetragen. Verteidigungsminister Michael Fallon nennt Johnson allerdings nur "einen der Kandidaten", es werde auch noch andere geben. Wer das sein könnte, ist im Moment allerdings noch rein spekulativ.

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