Brexit:Barnier: "Irgendetwas muss sich bewegen auf der britischen Seite"

EU-Chefunterhändler Michael Barnier in Brüssel

Michel Barnier, der Brexit-Unterhändler der Europäischen Union

(Foto: Yves Herman/Reuters)
  • "Es ist wichtig, dass wir uns auf alle Szenarien vorbereiten und alle Notfallmaßnahmen ergreifen, die mehr denn je nötig sind", sagte Barnier.
  • Die EU werde den mit Premierministerin May ausgehandelten Austrittsvertrag aber "nicht wieder öffnen und keine Neuverhandlungen beginnen".
  • Allerdings seien "ehrgeizigere" Formulierungen in einer politischen Erklärung über die künftigen Beziehungen möglich.

Im Streit um die Bedingungen des Brexit fordert der Chefunterhändler der EU, Michel Barnier, dass sich die britische Seite bewege. Einen Tag vor einer neuen Erklärung von Premierministerin Theresa May im britischen Unterhaus reagierte Barnier damit auf deren Nein zum Vorschlag des Oppositionsführers Jeremy Corbyn für eine dauerhafte Zollunion mit der EU. In einem dreiseitigen Brief an den Labour-Chef zeigte May sich zugleich zu weiteren Gesprächen mit der Opposition bereit.

Barnier wollte den abgelehnten Vorschlag des Labour-Politikers nicht kommentieren, sagte aber, er finde ihn "interessant im Ton und in der Sache". Bei einer Zollunion könnte eine offene Grenze zwischen dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland und dem EU-Mitglied Irland nach dem Brexit beibehalten werden.

Barnier sagte, die EU müsse sich jetzt intensiv auf die Möglichkeit eines ungeregelten britischen Austritts aus der Europäischen Union einstellen. "Es sind noch 46 Tage bis zum Austrittsdatum, die Zeit ist extrem kurz", fügte er hinzu. "Es ist wichtig, dass wir uns auf alle Szenarien vorbereiten und alle Notfallmaßnahmen ergreifen, die mehr denn je nötig sind."

Auf die Frage, ob die EU-Kommission für den Fall eines Brexit ohne Einigung auf einen Austrittsvertrag auch eine "harte Grenze" zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland vorbereite, sagte Barnier nach einem Gespräch mit Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel: "Wir bereiten mit jeder Hauptstadt die Notfallmaßnahmen vor. Und wir arbeiten mit allen Hauptstädten an allen Hypothesen. Das ist alles, was ich dazu sagen kann."

May wird Erklärung im Parlament abgeben

Kurz vor einem in Brüssel geplanten Treffen mit dem britischen Brexit-Minister Stephen Barclay bekräftigte Barnier, die EU werde den mit May ausgehandelten Austrittsvertrag "nicht wieder öffnen und keine Neuverhandlungen beginnen". Allerdings seien "ehrgeizigere" Formulierungen in einer politischen Erklärung über die künftigen Beziehungen möglich. Die EU wolle alles tun, um eine harte Grenze auf der irischen Insel zu vermeiden: "Aber wir müssen den Binnenmarkt schützen."

Barnier sagte, der sogenannte Backstop - also die Garantie für eine offene Grenze zwischen Irland und Nordirland - sei nötig, um den Austritt regeln und "eine ehrgeizige und dauerhafte Beziehung in der Zukunft" organisieren zu können. "Großbritannien bleibt ein Partnerland, ein Freund und ein Verbündeter". Diese Beziehung müsse über den Brexit hinaus "so rasch wie möglich gestärkt werden". Es gebe "keinen Dogmatismus in unserer Position", betonte Barnier. "Wir verhandeln ohne Gefühl der Aggressivität, Revanche oder Bestrafung."

May wird am Dienstag eine Erklärung im Parlament über den Stand der Brexit-Verhandlungen abgeben, wie ein Regierungssprecher der Nachrichtenagentur dpa in London bestätigte. Luxemburgs Regierungschef Bettel sagte, die EU habe den Brexit niemals gewollt: "Man darf heute nicht sagen, dass die Verantwortung bei der EU liegt. Die Verantwortung liegt nach wie vor in London."

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