Brexit-Debatte:Londons Bürgermeister äußert sich abfällig über Obama

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Barack Obamas erster Besuch bei der Queen im Jahr 2011 (Foto: AP)
  • Der Londoner Bürgermeister und Brexit-Befürworter Boris Johnson hat mit einer abfälligen Äußerung über Obamas kenianische Wurzeln für Kritik gesorgt.
  • US-Präsident Barack Obama hat sich in einem Zeitungsbeitrag für einen Verbleib Großbritanniens in der EU ausgesprochen.
  • Die EU-Mitgliedschaft stärke den britischen Einfluss in der Welt.
  • Obama ist am Freitag zu einem dreitägigen Besuch in London eingetroffen.

Londons Bürgermeister Boris Johnson hat mit einer Äußerung über die kenianischen Wurzeln Barack Obamas für Kritik gesorgt. In einem Gastbeitrag in der britischen Boulevardzeitung The Sun reagierte Johnson auf einen offenen Brief Obamas, in dem sich der US-Präsident für den Verbleib Großbritanniens in der EU ausspricht.

In dem Text suggeriert Johnson, Obamas Rat sei nicht glaubwürdig. Es müsse bezweifelt werden, dass er ein Freund Großbritanniens sei. Als Beleg dafür erwähnt Johnson eine Geschichte, nach der Obama bei seinem Amtsantritt aus dem Oval Office eine Büste des früheren britischen Premiers Winston Churchills habe entfernen lassen. Ob die Geschichte stimmt, ist unklar - das erwähnt Johnson nicht.

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Weiter schreibt Johnson, manche seien davon überzeugt, dass die Entfernung der Büste mit den kenianischen Wurzeln Obamas zu tun haben könne. Im weiteren Verlauf des Textes begründet Johnson dann, warum er den Austritt Großbritanniens aus der EU energisch befürwortet, anders als der US-Präsident.

Obama schrieb einen offenen Brief gegen den Brexit

Britische Oppositionspolitiker empfanden die Bezugnahme auf Obamas Herkunft als unangemessen. Die Labour-Abgeordnete Diane Abbott bezeichnete sie als "beleidigend". Johnson begebe sich damit in die Nähe der rechtspopulistischen Tea-Party-Bewegung in den USA.

Zuvor hatte US-Präsident Barack Obama die Briten dazu aufgerufen, für einen Verbleib in der Europäischen Union zu stimmen. "Als Freund sage ich Ihnen, dass die EU Großbritannien noch großartiger macht", schrieb Obama in einem Gastkommentar in der Zeitung The Telegraph, der zum Auftakt seines Besuchs in London am Donnerstagabend veröffentlicht wurde. Am 23. Juni entscheiden die Briten, ob sie der EU weiterhin angehören möchten.

Die Entscheidung, betonte Obama, liege allein bei den Briten. Doch mit der "Offenheit eines Freundes" sage er, dass die Folgen dieser Entscheidung auch für die USA von größter Wichtigkeit seien. Die internationalen Herausforderungen in der Welt erforderten es, dass Verbündete zusammenhalten, schrieb Obama. Großbritanniens Präsenz in der EU verstärke den britischen Einfluss und helfe bei der Verbreitung "britischer Werte."

Obama deutete auch an, dass ein Brexit die viel beschworene "special relationship" zwischen den USA und Großbritannien gefährde. Den Herausforderungen, denen die europäische Friedensordnung heute gegenüberstünde, könne man nur begegnen, "wenn die USA und das Vereinigte Königreich sich aufeinander, auf ihre besondere Beziehung und auf die Bündnisse verlassen können, die den Fortschritt hervorbringen". Dazu zählte Obama neben den Vereinten Nationen und der Nato auch die EU. Befürworter eines EU-Austritts argumentieren häufig, im Falle eines Brexits könne Großbritannien sich enger an die USA anschließen.

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Der britische Premier David Cameron hatte bereits am Mittwoch im Unterhaus gesagt, er persönlich glaube, "dass wir Ratschläge annehmen sollten". Er müsse schon lange suchen, um den Anführer eines befreundeten Staates zu finden, der Großbritannien zum Austritt rate, so Cameron.

Auf Seiten der Befürworter eines Brexit rief der Besuch Obamas Kritik hervor. Der US-Präsident komme nur, weil der Premierminister ihn "auf Knien" darum gebeten habe, sagte der ehemalige Arbeitsminister Iain Duncan Smith, der Mitte März zurückgetreten war.

Nigel Farage, Chef der EU-kritischen Ukip-Partei, ätzte über Twitter: "Wenn Präsident Obama die EU so sehr bewundert, überrascht es mich, dass er nicht für offene Grenzen mit Mexiko eintritt oder dafür, dass fremde Gerichte in US-Angelegenheiten entscheiden."

"Ich möchte Ihrer Majestät wirklich gerne persönlich zum Geburtstag gratulieren"

Er sehe, dass der Zeitpunkt seines Besuchs Spekulationen und Kritik hervorgerufen habe, schrieb Obama. Er gestehe deshalb, fuhr er ironisch fort, dass er der Queen wirklich gerne persönlich zum Geburtstag gratulieren wolle.

Gemeinsam mit seiner Frau Michelle wird Obama am Freitag mit der britischen Königin Elizabeth II. zu Mittag essen. Die Queen feierte am Donnerstag ihren 90. Geburtstag. Zudem werden die Obamas an einem Abendessen im Kensington-Palast teilnehmen. Gastgeber sind Prinz William, seine Frau Kate und sein Bruder Prinz Harry.

© SZ.de/AP/dpa/pamu/bepe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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