Brexit:Wer künftig Premier Großbritanniens werden könnte

Nach dem Brexit suchen die Konservativen den nächsten Premier. Boris Johnson und Theresa May sind die Favoriten. Gehandelt wird auch ein Kandidat, der ein zweites Referendum nicht ausschließt.

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Nach dem Brexit-Referendum hat David Cameron seinen Rücktritt angekündigt, sowohl als Premierminister als auch als Parteichef. Nun ist es an den Tories, zu bestimmen, wer auf Cameron folgen soll. Bis Donnerstagmittag, 12 Uhr (Ortszeit) läuft die Nominierungsphase, in der sich die Kandidaten melden müssen. Danach werden sich die Abgeordneten der Partei im britischen Unterhaus auf zwei von ihnen einigen, über die dann die Parteimitglieder abstimmen sollen. Der Gewinner wird nicht nur Parteichef, sondern auch Premier. Er oder sie soll dann die Verhandlungen mit der Europäischen Union über den Austritt Großbritanniens beginnen. Einige mögliche Kandidaten werden immer wieder genannt - Überraschungen aber sind nicht ausgeschlossen. Ein Überblick.

Nominations Open For Conservative MPs To Declare For The Leadership

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2012 hatte Boris Johnson gesagt, dass er britischer Premier würde, sei genauso wahrscheinlich, wie als Olive wiedergeboren zu werden. Derzeit stehen Johnsons Chancen auf eine Wiedergeburt als Steinfrucht ziemlich gut. Der ehemalige Bürgermeister von London stellte sich im Februar an die Spitze des Lagers der Brexit-Befürworter - und errang einen Sieg, den noch vor Wochen niemand für möglich gehalten hätte.

Dies macht Johnson zum aussichtsreichsten Kandidaten auf eine Nachfolge Camerons. Zudem gilt er als nahbarer Typ, im Volk ist er sehr beliebt - auch wenn er unter den 48 Prozent der Brexit-Gegner nun an Sympathien eingebüßt haben dürfte. Zum Verhängnis werden könnte dem Mann mit der blonden Wuschelmähne aber, dass er als Frontmann der Brexit-Kampagne für die Spaltung des Landes und der Partei steht. Zudem wird er von einigen einflussreichen Konservativen kritisch gesehen. Unter dem Schlagwort "Anyone But Boris" (Jeder außer Boris) läuft sogar eine Kampagne gegen ihn. Vor seiner Zeit als Politiker arbeitete Johnson übrigens als Journalist für den renommierten Telegraph - lange Zeit davon als Korrespondent, ausgerechnet in Brüssel.

Justice Minister And Leading Brexit Campaigner Michael Gove Leaves Home

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Ein schwerer Schlag für die Ambitionen von Boris Johnson: Einer seiner getreuen Mitstreiter im Brexit-Wahlkampf, Justizminister Michael Gove, hat bekannt gegeben, dass er bei der Wahl um den Parteivorsitz antreten will. Gove ließ wissen, er glaube nicht, dass Johnson "die Führung übernehmen und das Team für kommenden Aufgaben aufbauen könne". Das Brexit-Lager in der Konservativen Partei ist damit gespalten.

Cabinet meeting follwoing UK EU Referendum

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Im Lager der Johnson-Kritiker gilt aber Theresa May als aussichtsreichste Alternative. Seit 2010 bekleidet sie das wichtige Amt der Innenministerin, sie gilt als besonders erfahrene und sorgfältig abwägende Politikerin. In der Brexit-Debatte schloss sich May dem "Remain"-Lager an. Da sie aber keine zentrale Rolle in der entsprechenden Kampagne einnahm, hat sie das Referendum kaum beschädigt - anders als Finanzminister George Osborne, der eine Kandidatur für den Posten des Premiers bereits ausgeschlossen hat. Dies macht sie zu einer Konsensfigur, die die tief zerstrittenen Konservativen möglicherweise einen könnte. Vor zwei Jahren noch galt May vielen als zu unscheinbar, inzwischen aber hat sie ihre Machtbasis in der Partei erweitert. Mancher Abgeordnete sagte schon vergangenes Jahr über May, sie sei "Großbritanniens Angela Merkel".

U.K. Work And Pensions Secretary Stephen Crabb Announces Conservative Party Leadership Bid

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Nach derzeitigem Stand spricht vieles dafür, dass May und Johnson die Cameron-Nachfolge unter sich ausmachen. Manche Beobachter aber räumen auch Stephen Crabb Chancen ein. Der 43 Jahre alte Waliser ist seit dem Frühjahr Arbeits- und Rentenminister. Seine Kandidatur wurde am Dienstag bekannt. In den britischen Medien betonte Crabb seine Herkunft aus ärmlichen Verhältnissen. Damit inszeniert er sich als bodenständige Alternative etwa zu Johnson, der die Eliteschule Eton und die Universität Oxford absolvierte. Crabb wäre der erste Premier mit Vollbart seit Lord Salisbury - der übernahm das Amt 1885.

Cabinet meeting follwoing UK EU Referendum

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Im Rennen ist möglicherweise auch Nicky Morgan, 43. Sie würde eine Kandidatur "ernsthaft erwägen", sagte die Bildungsministerin britischen Medien. Ihre Ausgangslage ähnelt in gewisser Weise der von Theresa May: Sie unterstützte das "Remain"-Lager, gilt aber als moderat. Nach der Abstimmung sagte sie, sie wünsche sich eine sachliche Debatte zur Immigration. Das Thema hatte in der Brexit-Debatte zu hitzigen Diskussionen geführt.

David Cameron Holds The First Cabinet Meeting Since The UK Voted To Leave The EU

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Gesundheitsminister Jeremy Hunt, 49, hat erklärt, er spiele mit dem Gedanken, in das Rennen um die Cameron-Nachfolge einzusteigen. Nach der Brexit-Entscheidung sorgte Hunt mit einem Brief für Aufsehen, den der britische Telegraph veröffentlichte. Darin schreibt Hunt, er halte ein zweites Brexit-Referendum für möglich. Die Voraussetzung dafür sei, dass die britische Regierung zunächst ein Einwanderungsabkommen mit der EU aushandle, das den Briten volle Kontrolle über ihre Grenzen garantiere. Schließlich hätte das Thema Immigration bei der Brexit-Entscheidung eine zentrale Rolle gespielt. Solche Vorschläge allerdings dürften illusorisch sein (warum, wird hier erklärt).

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Auch der frühere Verteidiungsminister Liam Fox, 54, erwägt laut Berichten eine Kandidatur für die Cameron-Nachfolge. Er sei daran zumindest "interessiert", heißt es. In der Brexit-Debatte stand Fox entschieden auf der Seite der Austrittsbefürworter. Nach nur eineinhalb Jahren im Amt musste Fox 2011 als Verteidigungsminister zurücktreten, da er auf Dienstreisen mehrfach einen engen Freund mitnahm, der als Lobbyist für die Rüstungsindustrie arbeitet.

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Ebenfalls antreten wird Andrea Leadsom. Die 53-Jährige arbeitete viele Jahre in der Finanzindustrie, inzwischen ist sie Staatssekretärin für Energie. Sie ist ebenfalls klar dem Brexit-Lager zuzurechnen: Vor dem Referendum trat sie zwei Mal mit Boris Johnson im Fernsehen auf und rief dabei unter anderem den Slogan der Kampagne: "Vote leave, take control."

© SZ.de/pamu
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