Brexit:Boris Johnson: "Meine Frau ist Berlinerin"

Beim Antrittsbesuch gibt der britische Außenminister den Deutschlandfreund. Doch sein Amtskollege Steinmeier macht klar, dass London harte Verhandlungen bevorstehen.

Von Benedikt Peters

Boris Johnsons Ausflug in die deutsche Sprache klappt fast ohne Fehler. "Dankeschön, Frank-Walter", sagt er zu seinem Amtskollegen Steinmeier, und zu den anwesenden Journalisten: "Guten Tag, Damen und Herren." Den Reportern hat er noch einen wichtigen Fakt mitzuteilen. Johnson hebt den Zeigefinger und schaut bedeutungsvoll in die Runde. "Ich bin nicht ein Berliner." (Kunstpause) "Aber meine Frau ist eine Berlinerin."

Bei seinem Antrittsbesuch scheint es dem britischen Außenminister sehr wichtig zu sein, seine Verbundenheit mit Deutschland zu demonstrieren. Als Anführer der Brexit-Kampagne hatte er noch mehrfach auf die EU und auch auf Deutschland geschimpft.

Gut vier Monate nach der Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen, ist davon keine Spur mehr. Johnson betont, das Vereinigte Königreich werde zwar die EU verlassen. Aber: "Wir verlassen ganz klar nicht Europa. Genauso blieben die Briten ein enger Partner Deutschlands. "Für lange Zeit. Für immer."

Schließlich versteigt er sich - inzwischen spricht er Englisch - zu der Aussage, der Brexit könne zu einer "win-win-situation" für beide Seiten werden. Wie genau das funktionieren soll (das britische Pfund etwa leidet empfindlich unter dem avisierten EU-Austritt), sagte er nicht.

Steinmeier zeigt sich unnnachgiebig

Der Kontrast zwischen dem flippigen Auftritt Johnsons und dem des deutschen Außenministers Steinmeier könnte kaum größer sein. Steinmeier spricht mit ernster Miene, wie das so seine Art ist. An diesem Tag gibt die Lage ohnehin keinen Anlass zu Humor. Eben noch hat der deutsche Außenminister angesichts der Festnahmen von Oppositionellen in der Türkei den Geschäftsträger des Landes einbestellt.

Er zeigt sich freundlich gegenüber Johnson, so wie der ihn "Frank-Walter" nennt, sagt er "Boris, du verstehst". Was den Brexit angeht, bleibt er jedoch hart. Man hätte sich gewünscht, das Großbritannien in der EU bleibe, auch wenn man die Entscheidung respektieren müsse.

Die Verhandlungen über den Austritt müssten nun schnellstmöglich beginnen. "Eine Hängepartie nutzt keinem etwas." Gegenüber britischen Forderungen gibt er sich unnachgiebig. Es könne nicht auf der einen Seite die Rede von erleichtertem Zugang der Briten zum Binnenmarkt sein, während London die weniger attraktiven Teile des EU-Regelwerks ablehne. Vorverhandlungen, wie sie die britische Seite gefordert hat, werde es ebenfalls nicht geben.

Vielleicht kommt ohnehin noch alles anders, als an diesem Nachmittag besprochen. Nachdem der High Court in London am Donnerstag entschieden hat, dass das britische Parlament dem Brexit zustimmen muss, gilt ein Szenario als nicht ausgeschlossen: Die Volkskammer kippt die Entscheidung, Großbritannien bleibt in der EU.

Vielleicht würde das Boris Johnson, den selbsterklärten Deutschlandfreund, insgeheim freuen. Oder seine Frau, die Berlinerin.

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