Neuer Generalinspekteur der Bundeswehr:Pistorius' wichtigster Soldat

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Gilt als durchsetzungsstark und beliebt: General Carsten Breuer, 58, wird der ranghöchste deutsche Soldat. (Foto: Patrick Pleul/DPA)

Generalleutnant Carsten Breuer wurde als Leiter des Corona-Krisenstabes bekannt. Jetzt soll er als Generalinspekteur der Bundeswehr die Geschicke der Streitkräfte lenken.

Von Mike Szymanski, Berlin

Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat mit dem personellen Umbau an der Spitze der Bundeswehr begonnen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll Generalleutnant Carsten Breuer, 58, neuer Generalinspekteur der Bundeswehr werden. Er löst damit Eberhard Zorn, 63, als ranghöchsten Soldaten ab, der diesen Posten seit April 2018 innehat. Zuerst hatte die Deutsche Presse-Agentur über die Personalie berichtet.

General Breuer dürfte der breiteren Öffentlichkeit noch gut in Erinnerung sein: Er hatte im Kanzleramt auf Wunsch von Olaf Scholz (SPD) den Corona-Krisenstab geleitet und den Auftrag, in der Hochphase der Pandemie die schleppende Impfkampagne organisatorisch zum Laufen zu bringen.

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Es könnte kaum besser laufen für den neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius. In der Truppe respektieren sie ihn, in den Beliebtheitsrankings steht er weit vorne. Aber Vorsicht: Dieses Amt hat bislang noch fast jeden kleingekriegt.

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Als Generalinspekteur ist Breuer demnächst laut Ministerium für die Gesamtkonzeption der militärischen Verteidigung einschließlich der Planung und der Weiterentwicklung sowie für die Führung der Streitkräfte wie auch für die Planung, Vorbereitung, Führung und Nachbereitung der Einsätze der Bundeswehr verantwortlich. Demnach sind ihm die Abteilungen Planung, Führung Streitkräfte sowie Strategie und Einsatz unterstellt.

Seine Bandbreite: Afghanistan, Hochwasser, Corona

Breuer ist derzeit noch Befehlshaber des neuen Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr, das die Bundeswehr als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine im vergangenen Jahr aufgestellt hatte. Das neue Kommando mit Sitz in der Berliner Julius-Leber-Kaserne fungiert als Pendant zum Einsatzführungskommando bei Potsdam, das die Auslandseinsätze der Bundeswehr steuert. Es führt die Bundeswehraktivitäten im Heimatschutz, sprich auf deutschem Territorium, und koordiniert die logistische Unterstützung bei Truppenverlegungen.

Carsten Breuer, 1964 in Letmathe in Nordrhein-Westfalen geboren, begann seine Karriere 1984 bei der Flugabwehrtruppe. Er studierte an der Hochschule der Bundeswehr und schloss sein Studium 1988 als Diplom-Pädagoge ab. Er war 2014 in Afghanistan im Einsatz und im Ministerium mit Grundsatzfragen befasst. Beim Elbehochwasser 2002 war der Soldat schon im großen Gummistiefel-Einsatz, er hatte eine Panzergrenadierbrigade unter sich.

2018 rückte er an die Spitze des Kommandos Territoriale Aufgaben, das für Aufgaben der Streitkräfte im Inland zuständig war. Es war noch nie so gefordert wie in der Corona-Krise. Von seinem Lagezentrum aus organisierte er die Amtshilfe der Bundeswehr in der Pandemie. In der Spitze waren im Februar 2021 etwa 19 000 Soldaten im Corona-Einsatz. Aufgrund von Breuers Expertise aus dieser Zeit holte Scholz ihn zu sich ins Kanzleramt. Damals wurde schon spekuliert, er könnte einmal Zorn als Generalinspekteur beerben, wenn er sich in der Krise bewährt. Das hatte er getan.

Die Modernisierung der Streitkräfte darf nicht weiter stocken

Über eine Ablösung von Zorn wird seit geraumer Zeit spekuliert. Die CDU-Politikerin Ursula von den Leyen hatte ihn 2018 als Verteidigungsministerin auf diesen Posten befördert. Deren Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer, ebenfalls CDU, arbeitete mit ihm weiter und hatte zusammen mit Zorn ein Konzeptpapier zur Reform der Bundeswehr entwickelt. Zur Umsetzung kam es nicht. Mit dem Regierungswechsel 2021 hatte die SPD-Politikerin Christine Lambrecht das Ressort übernommen. Es war erwartet worden, dass sie sich einen neuen Generalinspekteur sucht, aber wenige Wochen nach ihrem Amtsantritt hatte Russlands Präsident Wladimir Putin den Angriffskrieg auf die Ukraine begonnen. Es war nicht die Zeit für Wechsel auf Schlüsselpositionen.

Im Januar hat Boris Pistorius das Wehrressort von Lambrecht übernommen. Sie war wegen Kritik an ihrer Amtsführung zurückgetreten. 100 Milliarden Euro zusätzlich hatte die Ampelregierung 2022 zur Modernisierung der Streitkräfte zur Verfügung gestellt. Von diesem Geld ist bislang kaum etwas bei der Truppe angekommen. Ein Versäumnis, das in Teilen auch Zorn angelastet wird.

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Breuer, heißt es im Ministerium, gelte als durchsetzungsstark und sei in der Truppe beliebt. Er habe sich zudem über die Bundeswehr hinaus das Vertrauen als Krisenmanager erworben.

Einen Wechsel gibt es auch auf einer anderen wichtigen Position: Staatssekretärin Margaretha Sudhof, die als Vertraute von Lambrecht gilt und auch von ihr ins Verteidigungsministerium geholt worden war, soll durch einen engen Vertrauten ersetzt werden: Nils Hilmer. Dieser hatte in Pistorius' Zeit als niedersächsischer Innenminister die Zentralabteilung geleitet und früher bereits in anderen Funktionen in Pistorius engem Umfeld gearbeitet.

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