Süddeutsche Zeitung

Brennelementesteuer:Zoff um die Atom-Milliarden

Bundesumweltministerium und Finanzressort geraten wegen der Brennelementesteuer aneinander: Wolfgang Schäuble will mit den Einnahmen den Haushalt sanieren - doch das Umweltressort hat da einen anderen Vorschlag.

Nico Fried und Claus Hulverscheidt

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) droht im Konflikt um die Einführung einer Brennelementesteuer neuerliches Ungemach. Das Umweltministerium legte in einem Schreiben an das Finanzressort sein Veto gegen Schäubles Vorhaben ein, die Einnahmen aus der neuen Steuer komplett zur Sanierung des Bundeshaushalts zu verwenden.

Vielmehr müssten die Erlöse aus einer höheren Belastung der Atomkonzerne bei gleichzeitiger Verlängerung der Kraftwerkslaufzeiten in erneuerbare Energien und die Steigerung der Energieeffizienz investiert werden. Das sehe auch der Koalitionsvertrag vor. Insofern könne das Umweltressort Schäubles Entwurf des Brennelementesteuer-Gesetzes nur mit Einschränkung zustimmen, heißt es in dem Schreiben von Staatssekretär Jürgen Becker an seinen Amtskollegen im Finanzressort, Werner Gatzer, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Die Brennelementesteuer ist Teil des sogenannten Haushaltsbegleitgesetzes, dessen Entwurf Schäuble jüngst an die Fachministerien versandt hatte. Demnach bringt die neue Steuer pro Jahr Einnahmen von 2,3 Milliarden Euro, die in den Etat fließen sollen. Dies hatte das Kabinett sowohl bei seiner Sparklausur Anfang Juni als auch bei der Verabschiedung des Haushaltsentwurfs für 2011 so beschlossen. Dennoch rücken bei der jetzt laufenden gesetzlichen Umsetzung der Sparbeschlüsse immer mehr Ressorts von ihren früheren Zusagen ab: Zu den Problemfällen zählten in den vergangenen Wochen unter anderem das Justiz- und das Wirtschaftsministerium, aber auch das Umweltressort.

Das wird in Beckers Schreiben an Gatzer erneut deutlich: So sperrt sich der Umweltstaatssekretär nicht nur gegen den Verwendungszweck für die Einnahmen aus der Brennelementesteuer, sondern will auch die Erlöse aus der geplanten Luftverkehrsabgabe anders verbuchen als vorgesehen.

Das Finanz- und das Umweltressort hatten bereits am Mittwoch für erhebliche Verwirrung gesorgt, als Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) erklärte, er sei mit Schäuble einer Meinung, dass die Brennelementesteuer aus dem Haushaltsbegleitgesetz herausgelöst und statt am 1. September erst vier Wochen später verabschiedet werden solle. Dann liegt auch das Gesamt-Energiekonzept der Regierung vor, aus dem unter anderem hervorgehen soll, um wie viele Jahre die Laufzeiten der 17 deutschen Atomkraftwerke verlängert werden.

Schäuble will diese Herauslösung aber gar nicht, weil das Sparpaket damit aufgeschnürt würde und ein Dominoeffekt entstehen könnte. Zudem würde in den laufenden Verhandlungen der Regierung mit der Atomwirtschaft über eine vertragliche Lösung der Druck auf die Konzerne verringert. Schäuble ist zwar grundsätzlich dazu bereit, auf die Brennelementesteuer zu verzichten und mit den Konzernen stattdessen einen Vertrag abzuschließen - aber nur dann, wenn klar ist, dass die vereinbarten 2,3 Milliarden Euro pro Jahr in den Etat fließen.

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SZ vom 20.08.2010/dmo
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