Bürgerschaftswahl:Das Wichtigste zur Bremen-Wahl

Wahlen in Bremen

Das Bremer Rathaus kennt bisher nur sozialdemokratische Bürgermeister. Das könnte sich am Sonntag ändern.

(Foto: dpa)

Seit 73 Jahren wird Bremen durchgängig von der SPD regiert, ein Politik-Neuling könnte diese Tradition beenden. Was das für den Bund bedeutet und was man zur Bürgerschaftswahl am Sonntag noch wissen sollte.

Von Zita Zengerling

Am 26. Mai schauen alle nach Brüssel, trotzdem lohnt sich auch ein Blick auf das kleinste deutsche Bundesland. Parallel zur Europawahl finden die Bremer Bürgerschaftswahlen statt und auch die können großen Einfluss auf die Bundespolitik nehmen. Die amtierende Koalition im Bremer Rathaus scheint nach aktuellen Umfragen zwar klar abgewählt, der Wahlabend verspricht aber spannend zu werden: Die Kandidaten für den Bürgermeisterposten liegen nahezu gleichauf. Die wichtigsten Antworten im Überblick.

Warum ist die Bremen-Wahl wichtig?

Seit 1946 regiert die SPD die Stadt. Aktuellen Umfragen zufolge könnte diese Tradition am Sonntag brechen, dann wäre die SPD in Bremen nicht mehr die stärkste Kraft. Damit würde die letzte rote Hochburg in der Bundesrepublik fallen und das könnte Folgen haben: Eine Wahlniederlage in Bremen und Europa würde die ohnehin angeschlagene Bundes-SPD weiter schwächen. Wie lang es die Sozialdemokraten dann noch in der großen Koalition im Bund hält, lässt sich nicht beantworten. Würde die SPD aber als Reaktion auf eine erneute Wahlniederlage aus der Regierung austreten, würde wohl spätestens in der zweiten Jahreshälfte in ganz Deutschland neu gewählt werden. Dieses Szenario ist nicht so abwegig wie es klingt. Aber auch wenn es nicht eintrifft, gilt es in nach der Bremen-Wahl drei Sitze im Bundesrat neu zu besetzen.

Sicher ist der Machtverlust der SPD aber noch ganz und gar nicht: Die Partei lag, einer Umfrage von infratest dimap zufolge, wenige Wochen vor der Wahl mehr oder weniger gleichauf mit der CDU. Deutliche Verluste im Vergleich zur letzten Wahl 2015 gelten dagegen als sicher, dabei galt das damalige Ergebnis schon als Schlappe.

Wer tritt an?

Insgesamt stellen in Bremen und Bremerhaven 16 Parteien und Wählervereinigungen ihre Kandidaten zur Wahl. Für die SPD kämpft der amtierende Oberbürgermeister Carsten Sieling. Er steht in einer Reihe sozialdemokratischer Bürgermeister, unter ihnen prägende Figuren wie Wilhelm Kaisen, Hans Koschnick und Henning Scherf. Sieling möchte seine zweite Amtszeit mit dem 20. Wahlsieg seiner Partei in Folge besiegeln.

Mit seinem größten Konkurrenten hat er nicht viel gemein, außer den Vornamen: Carsten Meyer-Heder ist in vielerlei Hinsicht das Gegenteil zu Sieling. Sieling ist langjähriger Vollzeit-Politiker, bezeichnet sich als "aufrechten Sozialdemokraten". Meyer-Heder besitzt erst seit gut einem Jahr das CDU-Parteibuch und steht damit in einem Trend von Quereinsteigern als Spitzenkandidaten bei dieser Wahl. Der hauptberufliche IT-Unternehmer betont gerne, er sei "kein Politiker". Geschadet hat es ihm nicht: Mit 100 Prozent wurde er auf den ersten Listenplatz der CDU gewählt.

Könnten die Bremer den Bürgermeister ihrer Stadt direkt wählen, würden sie, Erhebungen von infratest dimap zufolge, allerdings Carsten Sieling bevorzugen.

Für die Grünen tritt die Biologin Maike Schaefer an. Ihre Partei wird am Ende wohl über die Zusammensetzung der neuen Regierungskoalition entscheiden.

Welche Koalition ist zu erwarten?

Für das amtierende Regierungsbündnis aus SPD und Grünen wird es wohl nicht mehr reichen. In Frage kommen eine große Koalition, Jamaika und rot-rot-grün, was die erste Regierungsbeteiligung der Linken in einem westdeutschen Bundesland bedeuten würde. Nur in dieser Konstellation könnte die SPD weiter den Bürgermeister stellen und die linke Spitzenkandidatin Kristina Vogt hat bereits angekündigt, Verantwortung übernehmen zu wollen. Weil die große Koalition lediglich als "Notlösung" gehandelt wird, bleibt daneben Jamaika. Hier gibt sich die FDP regierungsbereit. Es sieht demnach so aus, als würden die Grünen zum Königsmacher.

Was ändert sich noch?

Derzeit sitzen neben SPD und Grünen noch CDU, Linke, FDP, die rechtspopulistische Wählervereinigung Bürger in Wut und die AfD in der Bürgerschaft. Obwohl der Alternative für Deutschland nach der vergangenen Wahl vier Plätze zustanden, sitzt aktuell nur ein Abgeordneter der AfD im Parlament, denn die Fraktion war nach Streitereien und Parteiausschlussverfahren zerfallen. Trotzdem und obwohl die Bremer AfD seit Januar 2019 zum Prüffall des Verfassungsschutzes erhoben wurde, kann Spitzenkandidat Frank Magnitz, aktuellen Umfragen zufolge, mit einem deutlichen Stimmenzuwachs rechnen.

Die rechtspopulistisch eingestuften Bürger in Wut (BiW) werden es dieses Mal voraussichtlich nicht mehr in die Bürgerschaft schaffen. Ihren Sitz in der vergangenen Legislaturperiode hatten die BiW einer Besonderheit des Bremer Wahlsystems zu verdanken: Die Wählervereinigung konnte allein in Bremerhaven ausreichend Stimmen für den Einzug ins Rathaus gewinnen.

Welche Themen waren wichtig?

Die Kandidaten haben viel über die hohe Verschuldung des Landes, die innere Sicherheit und den knappen Wohnraum gestritten. Schwerpunkt des Wahlkampfs war aber die Bildung. Hier gehen die Wahlprogramme weit auseinander. Während die Linken das zweigliedrige Bremer Schulsystem und Noten komplett abschaffen wollen, fordert die AfD die Rückkehr zum konservativen Schulmodel: mit Noten ab der ersten Klasse und einer klassischen Gliederung in Gymnasium, Haupt- und Realschule.

Auch die Bremer finden die Bildungspolitik am dringendsten: 50 Prozent nannten Bildung, Schule und Ausbildung als wichtigstes politisches Problem in Bremen. In Bremerhaven steht die Bildung allerdings nur an zweiter Stellen, hier empfinden die Bürger Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit als größte Baustelle.

Was ist das Besondere an der Wahl in Bremen?

Bremen und Bremerhaven bilden getrennte Wahlbereiche, das heißt: Auch die Fünf-Prozent-Hürde gilt in beiden Städten getrennt. In der nächsten Bürgerschaft werden 84 Abgeordnete sitzen, 69 davon aus Bremen, 15 aus Bremerhaven. Nicht alle Parteien treten in beiden Städten an.

Bremen ist außerdem das einzige deutsche Bundesland, in dem alle vier Jahre gewählt wird, nicht alle fünf. Das Wahlsystem gilt als besonders kompliziert.

Wie wird gewählt?

Wählen darf, wer mindestens 16 Jahre alt ist, kandidieren ist erst ab 18 erlaubt. Jeder Wähler hat fünf Stimmen, die er gleichwertig an ganze Listen oder einzelne Kandidaten verteilen kann. Für die Verteilung der Sitze werden die Listenstimmen und die Kandidatenstimmen einer Partei zusammengezählt. Auch hierbei werden Bremen und Bremerhaven getrennt behandelt. Die neugewählte Bürgerschaft muss dann innerhalb eines Monats zum ersten Mal tagen.

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