Im besetzten Hambacher Forst zwischen Aachen und Köln ist ein junger Mann aus großer Höhe abgestürzt und tödlich verletzt worden. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) gab in einem ersten Statement bekannt, die Räumung des Hambacher Forsts werde nun "bis auf Weiteres" ausgesetzt.
Die "furchtbare Nachricht" vom Tod des Mannes habe ihn "tief betroffen", sagte Reul: "Jetzt ist keine Zeit für Rechthaberei und politische Auseinandersetzungen. Wir können jetzt nicht so einfach weitermachen, ich kann das zumindest nicht." Die Räumung des Waldes werde daher vorerst gestoppt, es gehe jetzt nur um die Aufarbeitung des Unglücks, "alles andere ist nebensächlich", so Reul. Die Polizei Mönchengladbach werde das Unglück untersuchen.
Der ums Leben gekommene Journalist war nach Polizeiangaben am Mittwochnachmittag im Baumdorf "Beechtown" über eine Verbindungs-Hängebrücke zwischen zwei Baumhäusern gelaufen, dabei kurz vor einem Baumhaus eingebrochen und etwa 15 Meter in die Tiefe gestürzt. Die Aachener Polizei sprach von einem "tragischen Unglücksfall".
Die Polizei bezeichnet den jungen Mann als Journalisten, die Aktivisten von "Hambi bleibt" nennen ihn einen "Freund".
Der Mann habe seit Längerem das Leben der Aktivisten in den Baumhäusern im besetzten Wald auf seinem Blog dokumentiert, sagte ein Polizeisprecher bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz am Rande des Waldes. Rettungs- und Polizeikräfte hätten nach dem Absturz vergeblich Erste Hilfe geleistet. Der Polizeisprecher betonte, zum Zeitpunkt des Unglücks habe es in der Nähe keinerlei polizeiliche Maßnahmen gegeben. Der Journalist habe gerade seine volle Speicherkarte eintauschen wollen, dabei sei er abgestürzt. Alle Arbeiten zur Räumung im Hambacher Forst seien nach dem Unfall sofort eingestellt worden.
Die Aktivisten von "Hambi bleibt" schildern das Unglück anders als die Polizei Aachen. Auf ihrem Blog betrauern sie den Tod des Mannes und schreiben: Das Spezialeinsatzkommando habe kurz zuvor einen Aktivisten in der Nähe festnehmen wollen. Der Blogger sei, als er abstürzte, über die Hängebrücke auf dem Weg dorthin gewesen, um näher ans Geschehen zu kommen.
Umweltschützer protestieren im Hambacher Forst zwischen Köln und Aachen seit sechs Jahren dagegen, dass der Energiekonzern RWE im kommenden Herbst weite Teile des Forstes abholzen will, um weiter Braunkohle baggern zu können. Der Wald gilt als Symbol des Widerstands gegen die Kohle und die damit verbundene Klimabelastung. Seit vergangenem Donnerstag wird der Wald von den Behörden mit einem massiven Polizeiaufgebot geräumt. Die meisten der 51 Baumhäuser waren bereits innerhalb der ersten Tage geräumt und abgebaut.
Aus Sicht von RWE ist die Abholzung des Hambacher Forsts unvermeidbar, um die Stromproduktion in den Braunkohlekraftwerken zu sichern. Vor Beginn der Kohleförderung war der Wald 4100 Hektar groß; nach Angaben des Tagebau-Betreibers RWE Power wurden bislang 3900 Hektar für den Kohleabbau gerodet, nun soll ab Oktober noch einmal gut die Hälfte des verbliebenen Waldes abgeholzt werden. Der Wald hat nach Angaben des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) eine 12 000 Jahre lange Geschichte.
Mit Material der dpa