Brasilien:Gericht bestätigt Urteil gegen Brasiliens Ex-Präsident Lula

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Lula da Silva drohen zwölf Jahre Gefängnis. (Foto: Sebastiao Moreira/dpa)
  • Brasiliens beliebter Ex-Präsident Lula da Silva muss möglicherweise für zwölf Jahre ins Gefängnis.
  • Ein Gericht bestätigt ein früheres Urteil und befindet ihn der Korruption und Geldwäsche für schuldig.
  • Lula wollte bei der Präsidentschaftswahl Ende des Jahres erneut kandidieren, bei einer Haftstrafe wäre dies unmöglich.
  • Allerdings bleiben dem Ex-Staatschef noch Rechtsmittel, um das Urteil anzufechten.

Von Boris Herrmann, Rio de Janeiro

Die langjährige Gefängnisstrafe gegen Brasiliens ehemaligen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, 72, ist auch in zweiter Instanz bestätigt worden. Das Berufungsgericht in Porto Alegre wies am Mittwoch Lulas Einspruch zurück. Er war im Juli 2017 erstinstanzlich zu neuneinhalb Jahren Haft wegen Korruption und Geldwäsche verurteilt worden. Das Strafmaß erhöhten die Richter nun sogar noch: Zwölf Jahre und einen Monat soll Lula nun in geschlossenen Vollzug. Alle drei Richter des Berufungsgerichts urteilten einstimmig.

Lula wird allerdings nicht sofort verhaftet werden. Er hat noch weitere Revisionsmöglichkeiten, sowohl in Porto Alegre als auch beim Obersten Gerichtshof in Brasília. So lange bis alle Rechtswege ausgeschöpft sind, soll er in jedem Fall auf freiem Fuß bleiben. Für die Präsidentschaftswahl im Oktober ist er damit aber nach Lage der Dinge gesperrt. Gemäß dem sogenannten "Gesetz der weißen Weste" dürfen strafrechtlich verurteilte Politiker in Brasilien keine Ämter übernehmen. Dieses Gesetz hatte just die Regierung Lulas im Jahr 2010 durchgesetzt. Seine Anwälte kündigten nun allerdings an, auch gegen den Ausschluss von der Wahl juristisch vorgehen zu wollen. Lula selbst will seinen bereits seit Monaten laufenden Wahlkampf offenbar ungeachtet des Richterspruchs vom Mittwoch fortsetzen. In allen Umfragen liegt er mit komfortablem Vorsprung in Führung.

Dem ehemaligen Staatschef (2003 bis 2010) wird vorgeworfen, sein Amt missbraucht zu haben, um den brasilianischen Baukonzern OAS zu bevorteilen (Bericht unten). Er soll von dem Unternehmen eine Luxus-Immobilie im Bundesstaat São Paulo erhalten haben - als Gegenleistung für die Vermittlung lukrativer Aufträge beim halbstaatlichen Erdölkonzern Petrobras. Das Urteil wird auch mit systematischen Schmiergeldzahlungen an Lulas Arbeiterpartei PT begründet. Lula bestreitet vehement, der Eigentümer des betreffenden Apartments zu sein. Er spricht von einem politischen Prozess mit dem Ziel, seine Rückkehr ins höchste Staatsamt zu verhindern. Zehntausende PT-Anhänger waren nach Porto Alegre gereist, um dort gegen die Verurteilung zu demonstrieren. Das Gerichtsgebäude wurde von der Polizei weiträumig abgeriegelt. Die Verhandlung zog sich den ganzen Tag hin und wurde von mehreren Sendern live übertragen.

Noch während die Richter tagten, trat Lula in der südbrasilianischen Stadt vor Gewerkschaftern auf. Er habe ein reines Gewissen, rief er ihnen zu und kündigte zur allgemeinen Begeisterung an: "Nur wenn ich sterbe, werde ich aufhören zu kämpfen!" Kämpferisch gab sich auch die ehemalige Präsidentin und Parteikollegin Dilma Rousseff, die 2016 in einem höchst strittigen Amtsenthebungsverfahren abgelöst worden war. Sie sagte, die Verurteilung Lulas sei die "Fortsetzung des Staatsstreichs" gegen sie. Aber auch der ehemalige konservative Staatschef Fernando Henrique Cardoso (1995 bis 2003) hatte sich in Erwartung des Urteils kritisch geäußert. Es sei besser, Lula an den Urnen zu besiegen, als seine Kandidatur juristisch zu verhindern. Ähnlich sieht es der Amtsinhaber Michel Temer, der das Impeachment gegen Rousseff anführte, obwohl er selbst in Korruptionsskandale verstrickt ist.

Unter Experten ist umstritten, ob Lula nun weiter eine Chance hat, im Oktober bei der Wahl anzutreten. Der Rechtsstreit dürfte sich über Monate ziehen. Die brasilianische Demokratie steht damit vor einer beispiellosen Situation. Lulas Kampagne ist eine juristische Hängepartei, von der niemand sagen kann, ob sie vor dem Wahltermin entschieden ist.

© SZ vom 25.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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