Brasilien:Eine Schlappe in den Städten

Bei Kommunalwahlen verlieren die Verbündeten des rechtspopulistischen Präsidenten Jair Bolsonaro.

Von Christoph Gurk, Buenos Aires

Es war eine herbe Niederlage für Brasiliens Präsidenten Jair Bolsonaro: Am Sonntag fand in Brasilien die zweite Runde der Kommunalwahlen statt. Sie gelten als wichtiger Stimmungstest im Land. Doch nur ein kleiner Teil der vom Präsidenten unterstützten Kandidaten schaffte es ins Amt oder in die Stichwahl. Und auch hier verloren nun die allermeisten Verbündeten des ultrarechten Politikers.

Wahlen in Brasilien

Kommunalwahlen mitten in der Corona-Pandemie: Eduardo Paes (links), der künftige Bürgermeister von Rio de Janeiro, hat als Mitte-rechts-Mann in der Sechs-Millionen-Stadt gewonnen, die als Hochburg der Bolsonaro-Anhänger gilt.

(Foto: Ellan Lustosa/dpa)

Vor allem die Niederlage von Bolsonaros Kandidat in Rio de Janeiro dürfte dabei schmerzhaft für den Präsidenten sein. Bislang galt die Stadt als eine Hochburg seiner Anhänger. Doch Marcelo Crivella, ein von Bolsonaro unterstützter erzkonservativer evangelikaler Pastor, konnte am Ende nur ein Drittel der Stimmen für sich entscheiden.

In Rio hat nun wieder ein Gemäßigter gewonnen. Er sagt, der Extremismus der vergangenen Jahre habe allen geschadet

Neuer Bürgermeister der zweitgrößten Stadt Brasiliens wird Eduardo Paes, ein Mitte-rechts Politiker, der Rio bereits von 2009 bis 2016 regiert hat. Er war maßgeblich dafür verantwortlich, die Olympischen Spiele in die Stadt zu holen, gleichzeitig steht er aber unter Korruptionsverdacht. Sein Sieg, sagte er, sei ein Sieg der Politik über den Radikalismus. "Der Extremismus, Hass und Zwiespalt der vergangenen Jahre hat den Menschen in Rio und in ganz Brasilien geschadet", so Paes.

Auch in Brasiliens größer Stadt, São Paulo, gewann ein Politiker der gemäßigten Rechten, der Amtsinhaber Bruno Covas. Seine Wahl war allerdings vor allem eine Niederlage für die brasilianische Linke, die große Hoffnungen gesetzt hatte auf ihren Kandidaten, den 38-jährigen Guilherme Boulos. Er aber bekam nur rund 40 Prozent der Stimmen. Dazu verlor die Linke auch in anderen Landesteilen und erstmals seit der Rückkehr zur Demokratie vor 35 Jahren konnte die einst mächtige Arbeiterpartei PT von Ex-Präsident Lula da Silva keine einzige der Bundeshauptstädte für sich entscheiden.

São Paulos altes und neues Stadtoberhaupt stellt fest: "Es ist möglich, ohne Hass in der Politik zu sein."

Das Ergebnis der Wahlen wird vor allem als ein Sieg der gemäßigten Rechten gewertet und als Abkehr der Menschen von der radikalen Politik der vergangenen Jahre. Nach seiner Wahl sagte Bruno Covas, der alte und neue Bürgermeister von São Paulo: "Es ist möglich, ohne Hass in der Politik zu sein."

Präsident Jair Bolsonaro selbst reagierte vorerst nicht auf das Ergebnis der Wahlen. In Umfragen genießt er noch immer hohe Zustimmungswerte, trotz der großen Zahl der Menschen, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben. Die Wirtschaft Brasiliens aber ist infolge der Pandemie eingebrochen. Im dritten Semester stieg die Arbeitslosigkeit auf 15 Prozent, und bald laufen Notfallzahlungen aus, die bislang viele Familien durch die Krise gebracht haben - und Bolsonaro hohe Umfragewerte beschert haben.

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