Brasilien:Ex-Präsident Bolsonaro führt Protest gegen Sperrung von X an

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Der ehemalige brasilianische Präsident Jair Bolsonaro während der Demonstration, bei der er die Amtsenthebung des Richters Alexandre de Moraes fordert, der kürzlich eine landesweite Sperre für die Social-Media-Plattform X verhängt hat. (Foto: NELSON ALMEIDA/AFP)

Ein Mitglied des Obersten Bundesgerichts hatte angeordnet, die Plattform abzuschalten – weil sie nicht genug gegen Hassreden und Falschnachrichten tue. Nun hat der frühere Staatschef eine Demo organisiert, er fordert eine Amtsenthebung des Richters.

Nach der Sperrung der Online-Plattform X in Brasilien hat Ex-Präsident Jair Bolsonaro Tausende Anhänger zu einem Straßenprotest gegen den verantwortlichen Richter mobilisiert. Bei einer Kundgebung am brasilianischen Unabhängigkeitstag in São Paulo forderte Bolsonaro ein Amtsenthebungsverfahren. Den Richter des Obersten Bundesgerichts, Alexandre de Moraes, nannte er einen „Diktator“.

Moraes hatte am 30. August die Stilllegung von X in dem südamerikanischen Land angeordnet. Er wirft der Plattform, die früher Twitter hieß, vor, nicht entschlossen genug gegen die Verbreitung von Hassrede und Fake News vorzugehen. X-Eigentümer Elon Musk, der selbst inzwischen Positionen der politischen Rechten vertritt, versteht sich als Verteidiger der freien Rede und wirft Moraes Zensur vor.

Der Richter hatte von X die Sperrung von Konten rechtsgerichteter Aktivisten verlangt, die Verschwörungstheorien und Falschinformationen verbreiteten. Musk bezeichnete dies als gesetzwidrig, die Plattform kam der Aufforderung nicht nach - und zahlte auch die verhängte Geldstrafe nicht. Zudem ließ der Milliardär eine Frist zur Benennung eines gesetzlichen X-Vertreters in Brasilien verstreichen.

Teilnehmer während der Kundgebung am Unabhängigkeitstag in in São Paulo. (Foto: Allison Sales/dpa)

Wegen Behinderung der Justiz und Anstiftung zu Straftaten hatte Moraes im April bereits ein Ermittlungsverfahren gegen Musk selbst eingeleitet. Bolsonaro hielt daraufhin eine Kundgebung „zur Verteidigung der Meinungsfreiheit“ am Copacabana-Strand in Rio de Janeiro ab – vor Tausenden Anhängern. Vor allem während der Amtszeit Bolsonaros (2019-2022) organisierten Anhänger des rechten Staatschefs Verleumdungskampagnen gegen politische Gegner und verbreiteten in den sozialen Netzwerken Falschinformationen und Hassreden. Ein sogenanntes Hass-Kabinett in Bolsonaros Präsidialamt soll Verleumdungskampagnen gegen politische Gegner organisiert und Zweifel am brasilianischen Wahlsystem gestreut haben.

Bei der Demonstration am Samstag auf der Avenida Paulista forderte der frühere Staatschef auch zum wiederholten Mal eine Amnestie für seine Anhänger, die wegen des Angriffs auf das Regierungsviertel in Brasília am 8. Januar 2023 zu Haftstrafen verurteilt worden waren. Auch gegen Bolsonaro laufen mehrere Ermittlungsverfahren. Unter anderem wirft die Polizei dem Ex-Militär vor, an Plänen für einen Staatsstreich beteiligt gewesen zu sein, um sich nach seiner Wahlniederlage im Oktober 2022 an der Macht zu halten. Er ist bis zum Jahr 2030 für öffentliche Ämter gesperrt.

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