Brasilien:Bolsonaro kehrt zurück

Brasilien: Jair Bolsonaro grüßt Anhänger vor der Zentrale seiner Liberalen Partei.

Jair Bolsonaro grüßt Anhänger vor der Zentrale seiner Liberalen Partei.

(Foto: Stringer/Reuters)

Nach 89 Tagen in Florida USA landet der Ex-Präsident in der Hauptstadt Brasília. Was er nun plant, ist unklar.

Von Thomas Kirchner und Benedikt Peters

Der Mann, der das Land kurz vor dem großen Chaos verlassen hatte, ist nun also wieder zurück. Um 6.38 Uhr am Donnerstagmorgen landete ein Flugzeug aus dem US-amerikanischen Orlando in Brasília - und der Maschine entstieg tatsächlich ebenjener Jair Bolsonaro, der seine Rückkehr aus dem amerikanischen Exil schon mehrmals angekündigt und immer wieder verschoben hatte.

Auf den Bildern, die von der Rückkehr verbreitet wurden, zeigt sich der 68 Jahre alte Ex-Präsident sichtlich entspannt; noch im Flugzeug sitzend wischt er auf seinem Smartphone herum, klatscht in einer Tiefgarage mit ein paar Getreuen ab, winkt den Anhängern später aus einem Fenster grinsend zu. Die Polizei hatte sich für Schlimmstes gewappnet, doch vorerst blieb es am Flughafen und in der Stadt weitgehend ruhig.

Ob Bolsonaros Lachen echt ist oder seine wahre Gemütslage nur verdeckt, weiß er am besten selbst; wahrscheinlicher ist Letzteres. Der Ex-Präsident muss sich in Brasilien einer Reihe juristischer und politischer Ermittlungsverfahren stellen, es geht um Korruption, etwa um ein Juwelengeschenk der saudi-arabischen Regierung im Wert von drei Millionen Dollar, das er zu Unrecht ins Land gebracht und in die eigene Tasche gesteckt haben soll. Zu diesem Fall und zu weiteren ähnlichen Vorwürfen wird er in wenigen Tagen eine Aussage machen müssen. Zuallererst aber geht es darum, was am 8. Januar geschah.

Vor der Zeremonie geflohen

An jenem Sonntag drang ein Mob von Bolsonaro-Anhängern in mehrere Staatsgebäude in Brasília ein. Sie verwüsteten Teile des Obersten Gerichtshofs, des Parlamentsgebäudes und des Regierungspalasts und führten so einen symbolträchtigen Angriff gegen die Demokratie. Mehr als 1500 Menschen wurden verhaftet. Es war kein Zufall, dass das Datum nur kurz hinter dem 6. Januar lag, dem zweiten Jahrestag des Sturms auf das Kapitol in den USA.

Bolsonaro will mit dem Aufruhr nicht direkt etwas zu tun gehabt haben. Ob das stimmt, ist Gegenstand der Untersuchungen, die längst angelaufen sind. Sicher ist jedoch, dass er die Gewalt durch sein Verhalten angefacht hat. Nachdem sein Widersacher, der Ex-Präsident Lula da Silva, die Präsidentschaftsstichwahl im Herbst knapp gewonnen hatte, raunte Bolsonaro vielfach von Wahlbetrug, obwohl es dafür bis heute keine Anhaltspunkte gibt. Immer wieder hatte der rechtsradikale Politiker außerdem politische Gewalt verherrlicht.

Dass Bolsonaro dann Ende Dezember in die USA flog, war ebenfalls kein Zufall: Er floh damit gewissermaßen vor der Ernennungszeremonie seines Nachfolgers Lula Anfang Januar. Der Tradition zufolge hätte er ihm eigentlich die Präsidentenschärpe übergeben müssen - doch damit hätte Bolsonaro auch ein Bild geschaffen, das so gewirkt hätte, als legitimierte er seinen Nachfolger.

Was macht Bolsonaro jetzt? Dazu hat er sich, typisch für ihn, nicht ganz eindeutig geäußert. Oppositionsführer wolle er nicht werden, hatte er in einem Interview vor seiner Abreise aus den USA versichert. Er werde aber mit seiner Liberalen Partei zusammenarbeiten und sich für sie engagieren, werde durch das Land reisen und mit Anhängern sprechen. Der Chef der Liberalen Partei begrüßte das eilfertig. Mit 99 von 513 Mandaten ist die Partei stärkste Kraft im Parlament. Der Abgeordnete Eduardo Bolsonaro wiederum sagte über seinen Vater: "Natürlich übernimmt er die Rolle des Oppositionsführers."

Worin das alles mündet, ob Bolsonaro langfristig nicht doch wieder in offene Konkurrenz zu Lula treten und ihn an der Staatsspitze ablösen will, lässt sich noch nicht sagen. Viel hängt davon ab, wie die Ermittlungen gegen Bolsonaro verlaufen und die Justiz schließlich über ihn urteilt. Möglich wäre, dass die Gerichte ihn für einige Jahre von der Teilnahme an Wahlen ausschließen. Sicher ist, dass die Rückkehr ihres Helden auf brasilianischen Boden den Bolsonaristen, deren Stimme eine Weile leiser geworden war, neuen Auftrieb verleihen wird.

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