Brasilien:Anklage gegen Ex-Präsident Bolsonaro erhoben

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Jair Bolsonaro war vom 1. Januar 2019 bis zum 1. Januar 2023 brasilianischer Präsident. (Foto: Eraldo Peres/AP)

Die Generalstaatsanwaltschaft wirft Bolsonaro einen versuchten Staatsstreich vor. Auch 33 weitere Personen sind angeklagt, es geht um den Sturm auf den brasilianischen Regierungssitz im Januar 2023.

Die brasilianische Generalstaatsanwaltschaft hat Anklage gegen den ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro erhoben. Ihm werde ein versuchter Staatsstreich vorgeworfen, teilte die Strafverfolgungsbehörde am Dienstagabend (Ortszeit) mit. In der Anklageschrift heißt es: „Die Verantwortung für Handlungen, die der demokratischen Ordnung schaden, liegt bei einer kriminellen Organisation, die von Jair Messias Bolsonaro angeführt wird und auf einem autoritären Machtprojekt basiert.“ Auch 33 weitere Personen sind angeklagt worden.

Im November des vergangenen Jahres hatte die Bundespolizei bekanntgegeben, den Ex-Präsidenten vor Gericht bringen zu wollen. Die Ermittler sahen es als erwiesen an, dass Bolsonaro nach seiner Wahlniederlage 2022 versucht hat, sich mit einem Putsch weiter an der Macht zu halten.

Aus einem 884 Seiten langen Bericht der Bundespolizei ging damals hervor, dass Bolsonaro versucht haben soll, das Militär zu dem Putsch zu überreden. Der Ex-Präsident wies die Vorwürfe gegen sich bislang stets zurück.

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Die brasilianische Bundespolizei sieht es als erwiesen an, dass der rechtsextreme Ex-Präsident mit Unterstützern einen Putsch geplant hat. Bolsonaros politische Karriere muss deshalb nicht vorbei sein – Sie könnte sogar von dem Vorwurf profitieren.

Von Christoph Gurk

Am 8. Januar 2023 stürmten Anhänger Bolsonaros den Kongress, Regierungssitz und Obersten Gerichtshof in der Hauptstadt Brasília und richteten erhebliche Schäden an. Sie wollten den Wahlsieg von Bolsonaros Konkurrenten Luiz Inácio Lula da Silva nicht anerkennen. Bolsonaro war vom 1. Januar 2019 bis 1. Januar 2023 Präsident Brasiliens. Er gilt als rechtspopulistisch.

Die Polizei beschuldigt insgesamt 40 Personen der Mittäterschaft, bei einigen gab es anscheinend aber nicht ausreichend Beweise oder Indizien für eine Anklage, deshalb wurde nur gegen 33 mögliche Mittäter Anklage erhoben.

Es kam zu chaotischen Szenen, als Anhänger Bolsonaros den Palácio do Planalto, den offiziellen Sitz des brasilianischen Präsidenten, in der Hauptstadt Brasília stürmten. (Foto: Eraldo Peres)

Der Oberste Gerichtshof muss die Vorwürfe nun prüfen. Wenn er sie als Basis einer formellen Anklage akzeptiert, wird sich Bolsonaro vor Gericht verantworten müssen. Es gilt als unwahrscheinlich, dass Bolsonaro vor seinem Prozess verhaftet wird, es sei denn, der Richter des Obersten Gerichtshofs Alexandre de Moraes, der den Fall überwacht, hält ihn für fluchtgefährdet.

Bolsonaros Verteidigung äußerte sich bereits zur Anklageerhebung und reagierte laut Medienberichten mit „Bestürzung und Empörung“. Verbündete Parlamentarier wiesen die Anschuldigungen gegen den Ex-Präsidenten ebenfalls zurück und schrieben in einer Stellungnahme von einer „politischen Verfolgung“, wie die Zeitung Folha de S. Paulo berichtete. Bolsonaros Sohn Flavio Bolsonaro sagte, dass es keine Beweise gegen seinen Vater gebe.

Bolsonaro muss sich derzeit in mehreren Verfahren verantworten

An dem Komplott sollen auch weitere Politiker beteiligt gewesen sein, darunter der ehemalige General und Leiter des Kabinetts für institutionelle Sicherheit, Augusto Heleno, sowie Ex-Verteidigungsminister Walter Braga Netto und der ehemalige Präsident des brasilianischen Geheimdiensts, Alexandre Ramagem. Ihnen werden Bestrebungen zur gewaltsamen Abschaffung des demokratischen Rechtsstaats, die Planung eines Staatsstreichs und die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.

Braga Netto wurde im Dezember festgenommen, da er der Polizei zufolge die Ermittler beim Sammeln von Beweismaterial behindert haben soll. Er soll die treibende Kraft hinter der Planung des Staatsstreichs gewesen sein und Offiziere und Kommandanten als Verteidigungsminister maßgeblich dabei unterstützt haben, diesen Plan auszuführen.

Gegen Bolsonaro laufen derzeit mehrere Verfahren. Die Polizei wirft ihm vor, Schmuck und Luxusuhren, die er in seiner Amtszeit als offizielles Gastgeschenk in Saudi-Arabien erhalten hatte, illegalerweise zur eigenen Bereicherung verkauft zu haben. Bolsonaro wies auch das zurück. Außerdem ließ er nach Auffassung der Ermittler während der Corona-Pandemie Impfpässe für sich, Familienmitglieder und Mitarbeiter fälschen.

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