Brandenburg:SPD und BSW einigen sich auf Koalitionsvertrag

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Die kommenden fünf Jahre werden nicht immer einfach sein, darin sind sich Dietmar Woidke (SPD, links) und Robert Crumbach (BSW) einig. (Foto: Lisi Niesner/REUTERS)

In Brandenburg hat sich das Bündnis Sahra Wagenknecht in verteidigungspolitischen Fragen weitgehend durchgesetzt. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Dietmar Woidke steht vor einer vierten Amtszeit.

Von Jan Heidtmann, Potsdam

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) strebt eine weitere Regierungsbeteiligung auf Landesebene an. Vertreter von SPD und BSW stellten an diesem Mittwoch in Potsdam ihren Vertrag für eine Koalition in Brandenburg vor. Am vergangenen Freitag hatten CDU, BSW und SPD in Thüringen bereits ihre Einigung für eine gemeinsame Regierung präsentiert.

Robert Crumbach, Landeschef des BSW, erklärte, die Arbeit am Koalitionsvertrag sei „nicht immer leicht“ gewesen. Auch die kommenden fünf Jahre „werden nicht immer einfach sein“. Aber die Verhandlungen hätte gezeigt, dass sich SPD und BSW vertrauensvoll begegneten. Dietmar Woidke, Ministerpräsident und SPD-Chef, sagte, „wir wissen, dass es viele Vorbehalte in der Öffentlichkeit“ gegenüber diesem Bündnis gebe. Das sei 2009 vor der Koalition mit der Linken nicht anders gewesen; dann habe man zehn Jahre gemeinsam regiert.

In der kommenden Woche müssen SPD und BSW auf ihren jeweiligen Parteitagen dem Vertrag noch zustimmen. Sollte dies gelingen, könnte Dietmar Woidke bereits auf der Landtagssitzung am 11. Dezember zum vierten Mal zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Die Koalition in Brandenburg wäre dann die erste Regierungsbeteiligung des BSW; in Thüringen soll voraussichtlich erst in den Tagen darauf über den CDU-Vorsitzenden Mario Voigt als neuen Regierungschef abgestimmt werden.

Woidke und Crumbach betonten bei der Pressekonferenz im Potsdamer Landtag immer wieder die konstruktive Zusammenarbeit. „Ich bin erleichtert, dass wir inhaltlich so weit gekommen sind“, sagte der SPD-Chef. In den vergangenen Tagen hatte die Aussage eines Abgeordneten des BSW, Woidke nicht zum Ministerpräsidenten wählen zu wollen, für Unruhe gesorgt. Vor allem, da eine Koalition von SPD und BSW gerade einmal eine Mehrheit von zwei Stimmen hätte.

Der Brandenburger Landesverband des BSW war erst Ende Mai gegründet worden und kam bei der Landtagswahl am 22. September auf Anhieb auf 13,5 Prozent der Stimmen. Die SPD wurde stärkste Partei, knapp vor der AfD. Für die CDU stimmten 12,1 Prozent; Linke, Grüne und Freie Wähler schafften es nicht mehr in den Landtag. Da keine der anderen Parteien mit der AfD koalieren will, ist ein Bündnis aus SPD und BSW das einzige mit einer zwar knappen, aber doch eigenen Mehrheit.

Anlass für die Weigerung des BSW-Abgeordneten ist auch die geplante Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 in Brandenburg. Zuletzt hatte sich BSW-Chefin Sahra Wagenknecht in die Debatte eingemischt und das Parteimitglied scharf kritisiert. Auch sie sei gegen einen „neuen Rüstungswettlauf“, sagte Wagenknecht der Märkischen Allgemeinen. „Aber deshalb eine SPD-BSW-Koalition in Brandenburg zu torpedieren, halte ich für nicht nachvollziehbar.“

Das BSW hatte eine Verkleinerung des Verfassungsschutzes gefordert, das wird offenbar nicht passieren

Die Kompromissbereitschaft der BSW-Chefin hat nach Einschätzung von Verhandlern auch damit zu tun, dass sich das BSW gerade in verteidigungspolitischen Fragen weitgehend durchsetzen konnte. In der Präambel des Brandenburger Koalitionsvertrags ist festgehalten, dass der Krieg in der Ukraine „nicht durch weitere Waffenlieferungen beendet werden“ könne. Kritik äußern beide Parteien außerdem an der Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland.

Die 67-seitige Vereinbarung ist ansonsten von der Handschrift, aber auch dem Kompromisswillen der SPD geprägt. Zu einem der Schwerpunkte zählt der Bereich Bildung; das BSW hatte ein Handyverbot an Grundschulen gefordert. Nun heißt es, in den ersten vier Schuljahren sollte vor allem mit anlogen Medien gearbeitet werden. Auf einen Kompromiss haben sich die Verhandler auch bei der Überprüfung von Beamten auf deren Verfassungstreue geeinigt. Das BSW wollte den erst kürzlich eingeführten Check wieder abschaffen, nun soll er im kommenden Jahr überprüft werden. Eine Verkleinerung des Verfassungsschutzes, wie es das BSW auch gefordert hatte, wird es offenbar nicht geben.

Weitgehend Einigkeit bestand zwischen SPD und BSW in der inneren Sicherheit: Die Landespolizei soll mit weiteren Beamten auf 9000 Stellen verstärkt werden, KI, Bodycams und Taser sollen umfassend eingesetzt werden. In Fragen der Migration wollen die Koalitionspartner ein neues Integrationsgesetz entwerfen, um den Einstieg für Zuwanderer auf dem Arbeitsmarkt zu erleichtern. Zugleich soll die illegale Immigration eingedämmt werden. „Wer kein Bleiberecht besitzt, muss Deutschland verlassen“, heißt es im Koalitionsvertrag.

Jenseits der Inhalte haben sich SPD und BSW auch darüber geeinigt, wie die Arbeitsbereiche der Landesregierung aufgeteilt werden sollen. Demnach gehen drei der neun Ministerien an das BSW: Finanzen, Gesundheit und Infrastruktur.

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