Brandenburg:"Klima der Angst"

Nach dem Anschlag auf ein geplantes Flüchtlingsheim in Nauen gibt es Festnahmen. Ein NPD-Mann steht im Zentrum der mutmaßlichen rechtsextremen Tätergruppe. Oder ist es eine Terrorzelle?

Von Jens Schneider, Potsdam

In Nauen in Brandenburg soll eine rechtsextremistische Gruppe um einen 29 Jahre alten NPD-Funktionär eine Reihe von Straftaten begangen haben. Die Polizei hat diese Woche drei Tatverdächtige festgenommen, gegen mögliche weitere Mitglieder wird ermittelt. Die Gruppe steht unter anderem im Verdacht, im August eine Turnhalle in Nauen in Brand gesteckt zu haben, die als Unterkunft für Asylbewerber vorgesehen war. Es handelte sich dabei um den schwersten Anschlag auf eine geplante Asylbewerberunterkunft in Brandenburg seit mehr als 20 Jahren, sagte Landesinnenminister Karl-Heinz Schröter (SPD). "Es besteht der Eindruck, dass in Nauen seit dem letzten Jahr eine Art 'rechte Stadtguerilla' unterwegs gewesen ist", sagte Schröter am Freitag nach dem Ermittlungserfolg. Bereits jetzt steht die Gruppe im Verdacht, sieben verschiedene Taten begangen zu haben. Sie hat den Ermittlern zufolge etwa fünf Mitglieder. Die Bundesanwaltschaft wird die Ermittlungen aber wohl nicht an sich ziehen.

Ein Sprecher sagte dem RBB, der Generalbundesanwalt sehe in den Beschuldigten keine terroristische Vereinigung. Die Taten hätten nach derzeitigem Stand "nicht das Gewicht" und würden den "Staat nicht erheblich schädigen". Im Zentrum steht laut Polizei der 29-jährige NPD-Funktionär Maik S., der für die NPD in der Nauener Stadtverordnetenversammlung sitzt. Er sei "der Kopf oder einer der Köpfe der Gruppe", so Brandenburgs Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke. S. ist nach Angaben der Ermittler als rechtsextremer Aktivist im Havelland bekannt. Auch bei weiteren Mitgliedern soll es Verbindungen zur NPD geben. Die Gruppe soll nach Angaben der Ermittler auch für einen Brandanschlag auf ein Auto sowie Anschläge auf das Parteibüro der Linken in Nauen verantwortlich sein. Neben S. wurden ein 28-Jähriger und eine 22-Jährige festgenommen, die junge Frau wurde inzwischen unter Auflagen wieder aus der Untersuchungshaft entlassen.

Die Ermittlungen richten sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft aber mittlerweile gegen einen größeren Kreis. "Diese Gruppe hat sich extrem abgeschottet", sagte Polizeipräsident Mörke. "Die haben sich Alibis verschafft. Am Anfang sah das fast wasserdicht aus. Sie haben konspirativ gearbeitet." Einen Vergleich mit der Neonazi-Zelle NSU wolle er "zum jetzigen Zeitpunkt" noch nicht ziehen. "Aber wir werden schauen, was die Ermittlungen bringen." Offenbar fanden die Ermittler Hinweise auf weitere geplante Anschläge.

Durch die Taten seien viele Menschen, die Flüchtlingen helfen wollen, verängstigt worden, sagte Innenminister Schröter. Die Gruppe habe "ein Klima der Angst geschaffen". Dies habe Menschen davon abgehalten, zu helfen.

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