Brandanschlag auf Flüchtlingsheim in Tröglitz:"Es sind die klassischen Ängste"

Pfarrer Matthias Keilholz wollte mit der Initiative "Miteinander füreinander" 40 Flüchtlinge in dem kleinen Ort Tröglitz willkommen heißen. Der Brandanschlag entsetzt ihn. Ein Gespräch über Vorurteile und die Rolle der NPD.

Von Lars Langenau

Matthias Keilholz, 51 Jahre alt, ist Pfarrer für die evangelische Kirche in der Region "Nördliches Zeitz" und dort auch für Tröglitz zuständig. Er ist zudem Mitorganisator der Initiative "Miteinander füreinander", die für ein herzliches Willkommen der 40 Flüchtlinge werben wollte.

SZ.de: Sie hatten gerade erst eine Bürgerversammlung in Tröglitz organisiert, auf der für die Aufnahme der Flüchtlinge geworben werden sollte. Nun gab es einen Brandanschlag auf dieses Flüchtlingsheim. Wie tief sitzt der Schock?

Matthias Keilholz: Die Stimmung ist gedrückt und aufgebracht. Gedrückt, weil die Initiative für eine Willkommenskultur in Tröglitz schon mehr als 100 Unterschriften hat und zeigen sollte, dass es Menschen gibt, die auch dahinter stehen. Das ist nun alles zerschlagen worden. Stattdessen gab es nun dieses Feuer.

Hätten Sie gedacht, dass so etwas in ihrem kleinen Ort möglich ist?

Es gab einzelne Stimmen im Vorfeld, die sagten, dass so etwas auch bei uns möglich ist und wir uns in unserem Schreiben wünschen sollten, dass keine Häuser brennen. Das haben wir natürlich draußen gelassen, weil wir keine Ängste schüren wollten und wir das ja auch positiv formulieren wollten. Blauäugig habe ich gedacht, dass die nicht auch noch ein Feuer legen, wenn der Fokus schon so auf uns liegt. Damit stellen die Rechten sich doch selbst ins Abseits.

Gibt es denn bei Ihnen überhaupt Ausländer, die aufgrund ihrer Hautfarbe auffallen?

Nein, eigentlich nicht. Es gibt ein paar Vietnamesen, die aber schon seit DDR-Zeiten hier und integriert sind. Die gehören schon lange zu uns und fallen auch nicht auf.

Sind denn rechtsextreme Skinheads eine öffentliche Erscheinung?

Mir ist das noch nicht aufgefallen. Allerdings waren bei der Einwohnerfragestunde am Dienstag zu dem Flüchtlingsheim von etwa 500 Teilnehmern etwa 30 bis 50 Personen da, die schon mit der einschlägigen Kleidung der Rechtsextremen rumgelaufen sind.

Gerade wird die schweigende Mehrheit beklagt, heute Nachmittag gab es eine spontane Demonstration. War es ein Erfolg?

Es waren etwa 300 Leute da. Viele aus der Region und auch von weiter weg. Eine stärke Beteiligung aus Tröglitz wäre allerdings wünschenswert gewesen. Aber auch so gab es viele Statements, die sich klar für die Asylbewerber ausgesprochen haben und Aufrufe an die Mitbürger, Stellung zu beziehen, damit Tröglitz ein anderes Bild in den Medien bekommt, das es gerade hat - und es uns gelingt, mit den Flüchtlingen das Leben vor Ort gut zu gestalten.

In Tröglitz leben 2700 Menschen, was lösen da 40 Flüchtlinge für Ängste aus?

Es sind die klassischen Ängste, die man auch in Großstädtten hört: Zunahme der Kriminalität, dass junge Frauen und Mütter nicht mehr allein auf die Straße gehen können, dass die Immobilienpreise fallen werden - also das ganze Repertoire rassistischer Vorbehalte. Das sind alles Ängste die latent überall verbreitet und von der NPD gepusht werden.

Wie tritt die NPD bei Ihnen auf?

Der Vertreter der NPD im Kreistag des Burgenlandkreies ist auch gleichzeitig der Organisator der "Abendspaziergänge" in Tröglitz - also unsere Pegida. Seit Anfang Januar treffen sich dort einmal die Woche auf dem zentralen Marktplatz von Tröglitz 100 bis 150 Leute. Manche von ihnen sicher auch aus den angrenzenden Ländern Sachsen und Thüringen. Zentrales Thema war da immer dieses Flüchtlingsheim, obwohl es da noch gar kein Haus für die Unterbringung gab. In den Nachbargemeinden ging das alles gut. Dass es bei uns jetzt so schief gegangen ist, entsetzt mich.

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