Bouffier: Polizeichef-Affäre:Belastendes gegen Kochs rechte Hand

Hessens Innenminister Volker Bouffier soll einen Parteifreund rechtswidrig zum Polizeichef ernannt haben. Der unterlegene Kandidat erhebt schwere Vorwürfe.

Marc Widmann

In der sogenannten Polizeichef-Affäre wächst der Druck auf Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU). Vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags widersprach der Vizepräsident der hessischen Bereitschaftspolizei Wolfram Ritter am Mittwoch einer Aussage des Ministers - und bekräftigte die Vorwürfe, Bouffier habe einen Parteifreund rechtswidrig zum Chef der Bereitschaftspolizei ernannt.

Volker Bouffier, Foto: dpa

Hat Hessens Innenminister Volker Bouffier einen Parteifreund rechtswidrig zum Chef der Bereitschaftspolizei gemacht?

(Foto: Foto: dpa)

Der unterlegene Kandidat Ritter hatte sich selbst für den Spitzenposten beworben. Schon bei einem ersten Gespräch darüber im Dezember 2007 habe der Minister gesagt, "dass ihm das nicht gefällt", berichtete Ritter dem Ausschuss. Und dass derzeit ein anderer Bewerber - ein erfahrener Polizist und CDU-Mitglied aus Bouffiers Heimatstadt Gießen - der Favorit sei. Ritter schaltete einen Anwalt ein, "weil ich von Anfang an Probleme in diesem Verfahren gesehen habe". Vor Gericht erwirkte er, dass das erste Auswahlverfahren, bei dem er als schlechtester von drei Bewerbern eingestuft wurde, wiederholt werden musste.

Dass es danach ein zweites internes Verfahren gegeben habe, wie vom Ministerium behauptet, "war mir nicht im Geringsten ersichtlich", sagte Ritter. Er habe seine Bewerbung auch nie zurückgezogen. So sei er überrascht gewesen, als Bouffier ihm am 7. Juli 2009 im Ministerium eröffnete, er habe sich entschlossen, den Konkurrenten zum Chef der Bereitschaftspolizei zu ernennen.

"Man kommt sich vor wie kastriert"

Brisanterweise wirft Ritter dem Minister vor, ihm an diesem Morgen etwas verschwiegen zu haben: Wenige Minuten zuvor hatte Bouffier bereits förmlich die Ernennungsurkunde an Ritters Konkurrenten überreicht. "Selbstverständlich", sagte der Minister Mitte März im Innenausschuss des Landtags, habe er den unterlegenen Bewerber darüber informiert, "das war der Sinn dieses Gesprächs".

Dieser Darstellung widersprach Ritter jedoch im Ausschuss. Bouffier habe die Urkunde nicht erwähnt. Erst bei seinem Versuch, die Ernennung noch gerichtlich zu stoppen, habe er erfahren, dass es dafür zu spät sei - weil die Urkunde schon übergeben war. "Man kommt sich dann vor wie kastriert", sagte Ritter.

Für die SPD-Abgeordnete Nancy Faeser ist Bouffier nun "schwer belastet". Der Grünen-Parlamentarier Jürgen Frömmrich sieht seinen Verdacht bestätigt, dass der Minister "von Anfang an einen Spezi ins Amt hieven wollte". Sie erwägen nun eine Gegenüberstellung von Bouffier und Ritter. Im Innenministerium und in der CDU-Fraktion dagegen hält man es für denkbar, dass der Minister und der Bewerber schlicht aneinander vorbeigeredet haben.

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