In Botswana kommt es zum ersten Mal in der Geschichte des Landes zu einem Machtwechsel. Die seit 58 Jahren regierende Botswana Democratic Party (BDP) verlor bei der Wahl am Mittwoch erstmals ihre Mehrheit im Parlament. Präsident Mokgweetsi Masisi räumte am Freitagmorgen seine Niederlage in einer Pressekonferenz ein. „Ich möchte der Opposition gratulieren“, sagte Masisi. „Ich respektiere den Willen des Volkes.“
Masisis Präsidentschaft endet damit nach nur einer Amtszeit. Und die Ära der BDP endet mit einem Debakel. Nach Auszählung von 60 der 61 Wahlbezirke kommt das Oppositionsbündnis Umbrella for Democratic Change (UDC) auf 37 dieser 61 Sitze, ein Plus von 20 Mandaten. Das reicht bereits für eine Mehrheit. Neuer Präsident Botswanas wird der UDC-Vorsitzende Duma Gideon Boko.
Botswana, ein dünn besiedeltes Land im südlichen Afrika mit 2,6 Millionen Einwohnern, hat sich seit seiner Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1966 zu einem der stabilsten Staaten des Kontinents entwickelt, ökonomisch ebenso wie politisch. Die Wirtschaftsleistung je Einwohner gehört zu den höchsten Afrikas, auch in einflussreichen Demokratie-Indizes rangiert das Land seit jeher weit vorn.
Diamantenindustrie durchläuft eine schwere Krise
Diesen Aufstieg verdankt Botswana in erster Linie seinen Diamanten. Das Land ist nach Russland der zweitgrößte Förderer der Welt, die Steine sind das mit Abstand wichtigste Exportprodukt des Landes. Und anders als in vielen anderen rohstoffreichen Staaten Afrikas kommen die Erlöse aus dem Diamantengeschäft auch großen Teilen der Bevölkerung zugute, durch Investitionen in das Bildungs- und Gesundheitssystem oder die Infrastruktur.
Doch die Diamantenindustrie durchläuft eine schwere Krise. Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, aber vor allem die Konkurrenz künstlich hergestellter Steine macht ihr zu schaffen. Die Verkäufe des halbstaatlichen Diamantenherstellers Debswana brachen in den ersten neun Monaten dieses Jahres um mehr als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr ein. Debswana ist der größte Arbeitgeber des Landes.
Die Krise der Diamantenindustrie verschärft in Botswana ein Problem, das das Land bei aller Außergewöhnlichkeit mit vielen anderen afrikanischen Ländern teilt: Vor allem für die junge Bevölkerung gibt es zu wenige Arbeitsplätze und damit zu wenige Perspektiven. Die Arbeitslosenquote liegt bei 28 Prozent. Der Anteil der 15- bis 24-Jährigen, die sich weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befinden, liegt sogar bei 38 Prozent. Die Unzufriedenheit der jungen Wähler dürfte einer der wichtigsten Gründe für den historischen Machtwechsel in Botswana sein.
Dazu kommt, dass auch die demokratische Stabilität des Landes in den vergangenen Jahren zunehmend infrage gestellt wurde. Der Regierung wurde vorgehalten, ihre Machtposition auszunutzen, um für sie unangenehme Berichterstattung in den Medien zu verhindern oder Staatsaufträge an Verbündete der Partei zu vergeben. Präsident Masisi sah sich zudem dem Vorwurf des Populismus ausgesetzt – insbesondere in der weltweit beachteten Auseinandersetzung um die Trophäenjagd in Botswana.
In der Wahlniederlage zeigte sich Masisi nun aber als Vorzeigedemokrat. Statt das Ergebnis anzufechten, gratulierte er seinem Kontrahenten Duma Boko am Telefon. Einen Mitschnitt des Gesprächs veröffentlichte er auf seinem X-Account. „Es war ein Privileg, dieser großartigen Nation zu dienen und sie zu führen, und ich bin zutiefst dankbar für das Vertrauen, das Sie mir entgegengebracht haben“, schrieb Masisi dort. „Während wir diesen demokratischen Meilenstein feiern, fordere ich alle Bürger auf, sich zusammenzuschließen und die neue Regierung zu unterstützen.“
Botswanas nächster Präsident, der 54 Jahre alte Duma Boko, postete ebenfalls auf der Plattform X ein Bild von sich mit dem Satz: „Der Wandel ist da.“ In einer ersten Stellungnahme nach dem Wahlsieg sagte er laut einem Bericht der britischen BBC: „Was heute passiert ist, hebt unsere Demokratie auf eine neue Ebene.“ Das Land habe einen erfolgreichen, friedlichen und ordnungsgemäßen Machtwechsel vollzogen. Die Deutlichkeit des Wahlausgangs sei „ein Schock“ für ihn gewesen, sagte Boko.
Der frühere Menschenrechtsanwalt, der unter anderem an der US-amerikanischen Eliteuniversität Harvard ausgebildet wurde, war bereits bei der Wahl 2019 gegen Masisi angetreten. Damals hatte er die Wahl aber noch klar verloren. Im Wahlkampf hatte sein Bündnis vor allem die Arbeitslosigkeit zum Thema gemacht, die „schlimmste Krise unserer Zeit“. Im Falle eines Wahlsiegs versprach die UDC unter anderem, 100 000 neue Jobs innerhalb eines Jahres zu schaffen.