Süddeutsche Zeitung

Diplomatie:Ex-Regierungssprecher Steffen Seibert wird Botschafter in Israel

Nach längerem Gerangel einigt sich die Ampelkoalition, wer Deutschland künftig in London, Warschau und Tel Aviv vertreten soll. Mehrere ehemalige Politiker und Spitzenbeamte werden mit den begehrten Posten bedacht - nur einer geht leer aus.

Von Paul-Anton Krüger, Berlin

Jedes Jahr im Sommer steht im Auswärtigen Amt der einheitliche Versetzungstermin an. Zwischen Mai und September treten die Diplomaten ihre neuen Stellen an in den Auslandsvertretungen oder der Zentrale am Werderschen Markt. In diesem Jahr sind im Botschafter-Karussell nicht weniger als acht Posten in der politisch bedeutenden und prestigereichen Besoldungsstufe B9 zu besetzen: Washington, London, Peking, Delhi, Tel Aviv, Warschau, Madrid und Mexiko-Stadt.

Um die begehrten Jobs im Haus der grünen Außenministerin Annalena Baerbock konkurrierten unter anderem: ein geschasster Staatssekretär, ein früherer Regierungssprecher, diverse Topdiplomaten. Und einer, der seine Karriere zwar mit der Attaché-Ausbildung im Amt begonnen hat, aber lange in die Politik gewechselt war. Und bei der Vergabe der Ämter in der Ampelkoalition leer ausging: der Bundestagsabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff von der FDP.

Parteichef Christian Lindner zeigte weder Interesse, das Auswärtige Amt für die Liberalen zu reklamieren noch das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Dem profilierten Außenpolitiker Lambsdorff aber wollte er den Wunsch nicht abschlagen, außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter zu werden - in Washington, der wohl immer noch wichtigsten Auslandsvertretung.

Dass Politiker oder ausgediente Spitzenbeamte auf Botschafterposten wechseln, ist nicht unüblich. Annette Schavan von der CDU etwa wurde Vertreterin der Bundesrepublik beim Heiligen Stuhl, ebenfalls B9, wie auch der Job bei der UN-Mission in Genf, den Außenminister Heiko Maas seiner Büroleiterin Katharina Stasch vermachte. Die Besetzungen müssen aber durchs Kabinett, und das entscheidet einvernehmlich.

Seit Januar klemmte das Personalkarussell

Baerbock wollte nicht dem Koalitionspartner einen zentralen Botschafterposten überlassen, Lambsdorff dem Vernehmen nach sich aber auch nicht mit Alternativen abspeisen lassen. Seit Januar klemmte deswegen das Karussell, sodass manche, die schon eine Fahrkarte hatten, bis zuletzt nicht wussten, wohin die Reise führen würde. Zuletzt lag das Personalpaket bei Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD). Nun aber ist eine Lösung gefunden, mit der viele der Beteiligten zufrieden sein dürften - außer Lambsdorff.

In den USA, so lautet nach Informationen der Süddeutsche Zeitung die politische Entscheidung, soll die parteiübergreifend geachtete Botschafterin Emily Haber verlängert werden, die eigentlich die Altersgrenze erreicht, jetzt aber nicht aus dem Auswärtigen Dienst ausscheidet. Für den als Staatssekretär nach Berlin zurückgeholten Grünen Andreas Michaelis werde der von Baerbock abgelöste SPD-nahe Miguel Berger nach Großbritannien gehen. Steffen Seibert, mehr als elf Jahre Angela Merkels Gesandter für die Medien, soll die Bundesregierung in Israel repräsentieren; Kanzler Olaf Scholz hatte seiner Vorgängerin eine solche Verwendung zugesagt.

In Spanien wird demnach Maria Gosse, Leiterin der Zentralabteilung des Auswärtigen Amtes, Botschafter Wolfgang Dold ablösen, der nach Mexiko wechselt. Den Posten in Polen übernimmt Thomas Bagger, zuletzt Leiter der Abteilung Ausland im Bundespräsidialamt. Nach Indien soll Philipp Ackermann entsandt werden, bisher Leiter der politischen Abteilung 3, die verantwortlich ist für die Beziehungen zu 110 Staaten im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika und in Lateinamerika. In China soll Patricia Flor die Nachfolge des wenige Tage nach seinem Amtsantritt im September verstorbenen Jan Hecker antreten, der vor seiner Versetzung Merkels Sicherheitsberater war. Flor ist derzeit noch EU-Botschafterin in Japan. Lambsdorff dagegen wird bei dieser Runde nicht berücksichtigt.

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