Transatlantisches Verhältnis:Amerika düpiert die Europäische Union

David O'Sullivan, EU-Botschafter in Washington

Der Ire David O'Sullivan ist seit 2014 Botschafter der EU in Washington. Doch inzwischen wird er von der Trump-Regierung protokollarisch nicht mehr wie der Vertreter eines Staates behandelt.

(Foto: EU Delegation to the US)
  • Die Trump-Regierung hat die Europäische Union herabgestuft und behandelt sie nurmehr wie eine internationale Organisation.
  • Als Folge wurde der EU-Botschafter in Washington degradiert.
  • In Brüssel hofft man, dass die Amerikaner diesen Schritt wieder rückgängig machen.

Von Matthias Kolb, Brüssel

Für das politische Washington war es ein trauriger Pflichttermin, als Anfang Dezember der Trauergottesdienst für George Bush senior zelebriert wurde. Politiker, Diplomaten und Journalisten gedachten des 41. US-Präsidenten, der nicht nur Deutschlands Wiedervereinigung vorangetrieben hatte, sondern auch ein Freund Europas gewesen war. Umso seltsamer war es, wie ein Würdenträger in der National Cathedral behandelt wurde: David O'Sullivan, seit 2014 Botschafter der Europäischen Union in Washington, war zwar eingeladen worden, aber wurde als Allerletzter aufgerufen. Eigentlich hätte der Ire als 27. von etwa 150 Diplomaten präsentiert werden sollen. Damit wurde klar, was manche befürchtet hatten: Die Regierung von Bushs Nachfolger Donald Trump hat die EU herabgestuft und behandelt sie wie eine internationale Organisation.

Der Schritt, über den zuerst die Deutsche Welle berichtet hatte, wurde in Brüssel entsetzt aufgenommen - und wenig verwundert. Denn was Trump über die EU denkt, ist gut dokumentiert. "Niemand behandelt uns schlechter", schimpfte er erst im Oktober in einem TV-Interview. Und dass so eine Entscheidung des verhassten Vorgängers rückgängig gemacht werden kann, dürfte Trumps Getreuen auch gefallen haben: Barack Obama hatte verfügt, dass seit 2016 der EU-Botschafter protokollarisch genauso behandelt wird wie die Vertreter von Nationen. Dies ist international üblich, denn mit dem Inkrafttreten des Lissabonner Vertrages Ende 2009 ist die EU endgültig zum Akteur auf internationaler Bühne geworden und etwa Vertragspartner bei den internationalen Klimaverträgen sowie beim Iran-Nukleardeal.

Fast alle EU-Mitglieder gehören der Nato an

Die Degradierung des EU-Botschafters zeigt erneut, wie schlecht es zurzeit um das transatlantische Verhältnis steht. Wie eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini mitteilte, hat die Trump-Regierung "kürzlich" ihre protokollarischen Regeln verändert - ohne die EU offiziell zu informieren und Details zu nennen. Brüssel stehe "in Kontakt" mit den zuständigen Stellen und erwarte, "dass die seit Jahren übliche diplomatische Praxis eingehalten werde", was die Behandlung der EU-Diplomaten betrifft. Gerüchte, wonach der Status der EU-Delegation in Washington nach Protesten aus europäischen Hauptstädten schon wieder korrigiert worden sei, will die Sprecherin nicht bestätigen. Sie verweist auf laufende Gespräche und das US-Außenministerium. Von dort gibt es auch keine Klärung, weil die Pressestelle wegen der laufenden Haushaltssperre "nur in reduziertem Umfang" besetzt sei.

Ob sich die Hoffnung in Brüssel erfüllt, dass die wankelmütige Trump-Regierung die Herabstufung wieder zurücknimmt, bleibt offen. Längst verschwunden ist die Illusion, in Washington könnte sich die Einsicht durchsetzen, dass die EU mit ihren momentan 500 Millionen Bürgern ein wichtiger Absatzmarkt für US-Unternehmen ist und Gespräche über Handelsfragen konstruktiver ablaufen, wenn die zuständige EU-Kommission nicht ständig beleidigt wird. Auch die Tatsache, dass bis auf sechs Staaten alle EU-Mitglieder der Militärallianz Nato angehören, sorgt in diesem Weißen Haus nicht für mehr Sympathie. EU-Diplomaten und Beobachter haben zudem nicht vergessen, wie im Dezember US-Außenminister Mike Pompeo in Brüssel unterstellte, der EU seien "die Interessen der Bürokraten" wichtiger als jene ihrer Mitgliedstaaten und Bürger. Die mit Trumps Wahlsieg begonnene Entfremdung auf beiden Seiten des Atlantiks dürfte 2019 weitergehen.

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