Es kam eine Reihe illustrer Gäste aus dem Ausland, um mitzufeiern: Serbiens Ministerpräsidentin etwa, der Patriarch der serbisch-orthodoxen Kirche, der russische Botschafter und auch zwei rechtsextreme französische Europaabgeordnete, die nach eigenem Bekunden "persönlich eingeladen" worden waren von "Präsident Milorad Dodik".
Zusammen mit Milorad Dodik, dem serbischen Vertreter in der dreiköpfigen Präsidentschaft von Bosnien-Herzegowina, begingen die Gäste die Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag der Gründung der Republika Srpska. Der serbischen Teilrepublik also, deren Ausrufung seinerzeit ein wesentlicher Meilenstein auf dem Weg in den Bosnienkrieg war. Die Tatsache, dass das Verfassungsgericht von Bosnien-Herzegowina bereits im November 2018 die alljährlichen Jubiläumsveranstaltungen verboten hat, ignorierte Dodik auch diesmal wieder.
Für ihn war der Festakt am Sonntag nur die jüngste Gelegenheit, sich als Verteidiger serbischer Interessen in Bosnien-Herzegowina zu gerieren. Dass er die Konfrontation mit internationalen Akteuren nicht scheut, bewies Milorad Dodik im Dezember, als auf sein Betreiben hin das Parlament im serbischen Landesteil die Regierung per Beschluss aufforderte, die Bildung einer separaten Armee, Justiz und Finanzverwaltung voranzutreiben - aus Sicht von Kritikern der bislang gravierendste Schritt hin zu einer Sezession der Republika Srpska. Dodik selbst beharrt auf dem Standpunkt, er bewege sich im Rahmen des Vertragswerks von Dayton, das 1995 den Bosnienkrieg beendete und die komplexe Struktur des heutigen Staatsgebildes schuf.
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Die US-Regierung sieht das anders; sie hat vergangene Woche Sanktionen gegen den Politiker sowie einen ihm nahestehenden Fernsehsender verhängt. Dodik habe die Institutionen des gemeinsamen Staates untergraben, indem er in der Republika Srpska parallele Strukturen schaffe, so die Begründung des Finanzministeriums in Washington. Er habe seine Position genutzt, "um durch Bestechung, Schmiergelder und andere Formen der Korruption persönlichen Reichtum anzuhäufen". Dodik bestritt die Vorwürfe: "Wenn man glaubt, man könne mich auf diese Weise disziplinieren, irrt man sich gewaltig", sagte er der bosnisch-serbischen Nachrichtenagentur SRNA. "Jetzt habe ich erst recht ein Motiv, für die Rechte zu kämpfen, die uns seit 26 Jahren vorenthalten werden."
Die EU ist uneins, wie sie auf Dodiks spalterische Politik reagieren soll
In der Europäischen Union herrscht Uneinigkeit über den angemessenen Umgang mit Dodiks spalterischer Politik. Mitte Dezember sprach sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) für EU-Sanktionen gegen Dodik aus. Doch der hat in der EU durchaus Unterstützer, allen voran Ungarns Premier Viktor Orbán. Dessen Außenminister erklärte bereits, man würde EU-Sanktionen gegen Dodik nötigenfalls per Veto verhindern. Im Dezember bestätigte Orbán Berichte, wonach er ungarische Finanzhilfen im Wert von 100 Millionen Euro für kleine und mittlere Unternehmen in der Republika Srpska zugesagt habe.
Zudem sieht sich der ungarische EU-Erweiterungskommissar Olivér Várhelyi dem Vorwurf ausgesetzt, mit Dodik intransparente Absprachen getroffen zu haben. Mehrere bosnische Parteien forderten Untersuchungen gegen Várhelyi, nachdem bosnische Medien ein EU-internes Gesprächsprotokoll veröffentlicht hatten: Den Aufzeichnungen zufolge hatte Várhelyi bei einem Treffen mit Dodik vereinbart, dass dieser den geplanten Ausstieg aus Armee, Justiz und Steuersystem des Gesamtstaats Bosnien-Herzegowina um ein halbes Jahr verschieben werde - und im Gegenzug Fördergeld aus einem europäischen Investitionsprogramm erhalten werde.
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Zudem sprach sich Várhelyi dafür aus, ein Gesetz zu ändern, das der frühere Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina, Valentin Inzko, am Ende seiner Amtszeit im vergangenen Juli erlassen hatte. Es stellt die Leugnung des Völkermordes von Srebrenica unter Strafe. Dodik protestierte erwartungsgemäß gegen das "aufgezwungene Gesetz". Der ungarische EU-Erweiterungskommissar stellte sich dem geleakten Gesprächsprotokoll zufolge nun zumindest teilweise auf die Seite Dodiks, indem er sagte, Inzko sei für die aktuelle politische Krise verantwortlich.
Bei der Jubiläumsfeier am Sonntag sagte Milorad Dodik, es könne keine Freiheit für das serbische Volk geben, solange es nicht einen eigenen Staat habe: "Lang lebe die Republika Srpska, lang lebe Serbien."