Boris Johnson:Der Clownprinz der britischen Politik

Boris Johnson hat es mit Exzentrik und spitzbübischem Charme ganz nach oben geschafft. Affären und Skandale prallten an ihm ab, jetzt kann er mit einer komfortablen Mehrheit regieren. Seine Karriere in Bildern.

Von Christian Simon

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Boris Johnson: Für seine Kritiker ist er wahlweise ein Clown, ein Idiot oder ein abgehobener Sohn aus gutem Hause. Doch für die konservative Tory-Partei ist er spätestens jetzt ein Held. Bei der Unterhauswahl holen die Tories die absolute Mehrheit. Mit dem Erdrutschsieg hat er die politische Landschaft Großbritanniens umwälzend verändert. Doch wie wurde aus dem faulen Zuspätkommer am Eliteinternat Eton der erfolgreichste Wahlkämpfer seit Margaret Thatcher? Sein Leben in Bildern.

The Collegers prepare for the Eton Wall Game against the Oppidans at Eton college

Quelle: REUTERS

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Boris Johnson wird 1964 in New York geboren: Sein Vater studiert zu dieser Zeit an der Columbia University, seine Mutter hat ihr Studium unterbrochen, um ihrem Mann in die USA zu folgen. Wenig später kommen seine Geschwister zur Welt - Bruder Leo 1965 und Schwester Rachel 1967. Die Familie zieht oft um, lebt in New York und Oxford, Washington und Brüssel.

Johnson besucht viele Schulen, doch als am prägendsten für ihn gilt das elitäre Privatinternat Eton (im Bild Schüler in den traditionellen Trikots für das Eton Wall Game, einer Art Rugby), das unter anderem auch vom späteren Premierminister David Cameron oder den Prinzen William und Harry besucht wurde. Johnson ist ein guter Schüler, er gewinnt Preise in Englisch und klassischer Geschichte. Seine Lehrer beklagen zwar Faulheit und regelmäßiges Zuspätkommen - seiner Beliebtheit unter seinen Mitschülern soll das aber keinen Abbruch getan haben.

Boris Johnson Visits A Buckinghamshire School and Hospital

Quelle: Getty Images

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Nach dem Studium arbeitet Johnson jahrelang als Journalist und politischer Kolumnist in konservativen Medien - obwohl er seine erste Stelle bei der britischen Times 1987 verliert, weil er ein Zitat erfunden hat. Besonders seine Arbeit als Brüssel-Korrespondent des Daily Telegraph hilft ihm, sich als prominente Stimme britischer Europa-Skeptiker zu positionieren. Immer wieder fällt er auch mit rechtspopulistischen Äußerungen auf und mit Berichten, die nach Aussagen seiner Korrespondentenkollegen anderer Medien nur "die dünnste Verbindung zur Wahrheit" haben.

2001 tritt er als Abgeordneter für den Bezirk Oxfordshire in die aktive Politik ein und wird 2004 zum Schattenminister für die Künste unter Parteichef Michael Howard. Nur wenige Monate später verliert er diesen Posten, als eine außereheliche Affäre und zwei Abtreibungen seiner Geliebten bekannt werden. Unter dem nächsten Parteichef David Cameron wird er 2005 wieder Schattenminister; diesmal für höhere Bildung.

Britain's general election 2019

Quelle: REUTERS

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Der Ruf als Schürzenjäger begleitet Johnson schon länger. Nur wenige Tage nach der Scheidung von seiner ersten Frau Allegra heiratet er seine Jugendfreundin Marina Wheeler. Mit Wheeler hat er vier Kinder, er betrügt sie trotzdem immer wieder. Mit einer Geliebten hat er ein weiteres Kind, vor Gericht verliert er mit dem Versuch, Berichterstattung darüber verbieten zu lassen. Im Bild ist er mit seiner aktuellen Lebensgefährtin Carrie Symonds zu sehen.

Im aktuellen Wahlkampf wird Johnson auch gefragt, ob er noch weitere Kinder habe, von denen die Öffentlichkeit nichts wisse. Johnson weigert sich in einem Radio-Interview, die Frage zu beantworten - pikant vor allem deshalb, weil er kurz zuvor alleinerziehende Mütter unter anderem als "schlecht erzogen und ignorant" bezeichnet hatte.

London Mayor Boris Johnson dangles in the air after getting stranded on a zip wire at Victoria Park

Quelle: REUTERS/Rebecca Denton/handout

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Skandale und Affären schaden Johnson nicht. Im Gegenteil, große Teile der britischen Öffentlichkeit finden "BoJo" mit seinen Eskapaden, seiner Exzentrik und seinem spitzbübischen Charme authentischer als andere Politiker. Seine Beliebtheit transportiert ihn 2008 ins Rathaus von London.

Als Bürgermeister bleibt er seinem charakteristischen Auftreten treu. Für einen PR-Stunt während der olympischen Sommerspiele in London lässt er sich, mit Landesfahnen bewaffnet, an einer Seilbahn entlanggleiten - und bleibt stecken. Was für andere nach Blamage aussieht, überspielt Johnson.

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In seinen zwei Amtszeiten als Bürgermeister der britischen Haupstadt setzt sich Johnson für Verbesserungen in Transport und Infrastruktur ein - natürlich ohne spektakuläre Fotogelegenheiten wie hier bei der Wohltätigkeitsorganisation Fight for Peace auszulassen.

Der leidenschaftliche Fahrradfahrer Johnson führt ein System aus Leihfahrrädern ein, die die Londoner noch heute scherzhaft "Boris Bikes" nennen. Außerdem reformiert er das U-Bahn-System. 2016 verlässt er das Amt, ohne eine dritte Amtszeit anzustreben, obwohl er weiterhin hohe Beliebtheitswerte vorweisen kann. Seit 2015 ist er bereits wieder Abgeordneter im Unterhaus für den Bezirk Uxbridge and South Ruislip, für den er 2019 wieder angetreten ist und den Sitz wieder gewonnen hat.

Syria crisis meeting in Paris

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2016 beginnt Johnsons offener Einsatz für den Brexit. Er unterstützt öffentlich die Kampagne der "Leaver", während sein Parteichef und Premierminister Cameron für den Verbleib in der EU wirbt. Nach dem verlorenen Referendum tritt Cameron zurück, Johnson gilt als Favorit für seine Nachfolge. Trotzdem geht aus dem internen Kampf um die Parteiführung Teresa May als Siegerin hervor, sie macht Johnson zum Außenminister.

Während er zuhause mit seiner "britischen" Exzentrik gut ankommt, ist das Ausland weniger gnädig mit Johnsons Patzern. Er bezeichnet den Kontinent Afrika abfällig als "dieses Land" und zitiert während eines Besuchs in der Ex-Kolonie Myanmar ein kolonialistisches Gedicht. Im Juli 2018 tritt er zurück, vorgeblich aus Kritik gegen die Brexit-Politik Mays.

Britain's former Foreign Secretary Boris Johnson offers cups of tea to journalists outside his home near Thame in Oxfordshire

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Auch als Hinterbänkler verliert Johnson seinen Charme nicht - und er weiß ihn einzusetzen. Er provoziert mit der Aussage, Frauen in Burkas sähen wie "Briefkästen" aus.

Aber während Premierministerin May für ihre Brexit-Strategie von der Presse pausenlos angegriffen wird, serviert er Journalisten, die vor seiner Wohnung auf ein Statement warten, Tee. Am nächsten Tag ist besonders die Klatschpresse voll mit "Boris Johnson serviert Tee"-Schlagzeilen - und die Provokation ist fast vergessen.

Britain's general election 2019

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Die populistischen Provokationen und das Spiel mit den Sympathien zieht sich durch Johnsons Karriere - letzteres macht sogar vor seiner Frisur nicht halt. Moderatoren und Journalisten berichten, dass Johnson seine Haare absichtlich verwuschelt, wenn er vermutet, dass er gefilmt oder fotografiert wird. Mit der vogelwilden Frisur will er nahbarer erscheinen. Und immer wieder ging seine Strategie auf: Teile der Presse lieben ihn und lassen ihm auch homophobe oder rassistische Kommentare durchgehen.

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Johnson hat auch Gegner. In seiner Zeit als Premierminister wird das besonders deutlich. Im Juni 2019 tritt Teresa May zurück, eine "Leadership Challenge", also ein Wahlkampf um das Amt des konservativen Parteivorsitzenden, entscheidet über ihren Nachfolger als Premierminister. Im Juli geht Johnson als Sieger aus diesem Rennen hervor.

Seine Bilanz als Premierminister ist bislang verheerend: Angetreten mit dem Versprechen, den Brexit durchzusetzen, gelingt es ihm zwar, der EU ein neues Austrittsabkommen abzuringen. Für dieses findet er allerdings keine Mehrheit, auch weil zahlreiche Abgeordnete seiner eigenen Partei gegen ihn stimmten oder die Partei verlassen. Eine Mehrheit im Parlament hat er zuletzt nicht mehr.

In drei Monaten als Regierungschef verliert Johnson zehn wichtige Abstimmungen, und muss sich vom Verfassungsgericht vorwerfen lassen, das Parlament widerrechtlich in eine Zwangspause geschickt und die Queen belogen zu haben. Seit der Auflösung des Parlamentes am 6. November ist Johnson auch offiziell nicht mehr Premierminister - wäre er nicht wiedergewählt worden, wäre seine Amtszeit die zweitkürzeste in der britischen Geschichte gewesen.

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Im Wahlkampf vor der General Election hämmert Johnson jedem, der es hören will, seinen Slogan ein: Get Brexit Done. Nur mit ihm werde der Austritt aus der Europäischen Union möglich. Seine Konkurrenz wirbt ebenfalls mit dem EU-Austritt: die Liberaldemokraten damit, ihn verhindern zu wollen, und die größte Oppositionspartei Labour damit, das Volk ein zweites Mal zu befragen. Bis zum Tag der Wahl selbst liegt Johnson in den meisten Umfragen vorne - mal deutlich, mal sehr knapp.

In seinem eigenen Wahlkreis gewann Johnson bei der letzten Wahl mit 5034 Stimmen Vorsprung - verhältnismäßig wenig. Diesen Vorsprung konnte er jetzt ausbauen.

BritainâÄÖs general election 2019

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Am Ende der Wahl steht fest: Boris Johnson hat den größten Sieg für die Tories seit den achtziger Jahren eingefahren. Deutlich erringt die Partei die absolute Mehrheit. Der Eton Boy ist jetzt endgültig da angekommen, wo er immer hinwollte: ganz oben.

© SZ.de/jsa
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