Bombentest in Nordkorea:Nordkoreas großer Bruder ist wütend

Erste Wasserstoffbombe

"Ivy Mike" hieß die erste Wasserstoffbombe, die je explodierte. Die US-Armee zündete den Sprengsatz 1952 im Eniwetok-Atoll im Pazifik.

(Foto: dpa)

China und Nordkorea sind Bruderstaaten, der kleinere kann ohne den größeren nicht überleben. Umso bemerkenswerter ist die chinesische Reaktion auf den Bombentest.

Von Christoph Giesen

Nordkorea und China, pflegte Mao Zedongs treuer Premierminister Zhou Enlai gerne zu sagen, seien sich so nah wie die "Lippen zu den Zähnen". Beide Länder sind Bruderstaaten, die sich helfen, und bislang galt das auch. Im Koreakrieg kommandierte China Millionen Soldaten an die Front. Heute unterstützt China den Nachbarn vor allem wirtschaftlich.

Die chinesischen Statistiker geben ein Handelsvolumen von etwa sieben Milliarden Dollar an, das entspricht nach Schätzungen fast 90 Prozent des gesamten nordkoreanischen Handels. Dazu kommt noch der kleine Grenzverkehr, der in keiner Bilanz auftaucht. Ohne China kann Nordkorea nicht überleben. Umso bemerkenswerter ist daher die chinesische Reaktion. Dass Nordkorea einen Test plant, davon waren die Geheimdienste ausgegangen, denn seit Monaten wurden emsig neue Stollen gegraben. Aktivitäten, die sich nicht verheimlichen lassen. Für Verärgerung sorgten die Umstände.

Auf einer Pressekonferenz in Peking teilte eine Sprecherin des Außenministeriums mit, dass China von der Zündung der mutmaßlichen Wasserstoffbombe genauso überrascht worden sei wie alle anderen Staaten auch. Bei den drei vorangegangen Tests hatte Pjöngjang Peking stets vorab informiert, mal war es ein Tag, zuletzt eher Minuten - aber immerhin. Wie pikiert China nun ist, zeigt die formale Reaktion. Der nordkoreanische Botschafter sei ins Außenministerium einbestellt worden, sagte die Sprecherin.

"Der Test ist ein Schlag ins Gesicht für China. Ich bin überzeugt davon, dass sich die chinesische Nordkorea-Politik nun verändern wird. Die chinesische Seite wird mit an der Verschärfung von Sanktionen arbeiten", sagt Hartmut Koschyk (CSU). Er ist der Vorsitzende der deutsch-koreanischen Parlamentariergruppe und ist schon oft in Nordkorea gewesen, zuletzt Ende Oktober.

Wasserstoffbomben haben eine deutliche höhere Sprengkraft als Atombomben

Wenige Tage vor Koschyks Besuch hatte die Koreanische Arbeiterpartei 70. Geburtstag gefeiert, China schickte damals Propaganda-Chef Liu Yunshan, die Nummer 5 in der Parteihierarchie nach Pjöngjang. Er nahm an der Seite von Kim Jong Un die Militärparade ab. Im Gepäck hatte Liu auch einen Brief von Staatspräsident Xi Jinping, der dem Diktator "beste Grüße" ausrichten ließ. Damit könnte es nun - zumindest vorerst - vorbei sein, zumal der neue Test zeigt, dass Nordkorea endgültig im Besitz von Nuklearwaffen ist. Fraglich ist nur noch, ob es Atom- oder sogar Wasserstoffbomben sind.

Im Vergleich zu einer Atombombe sind Wasserstoffbomben deutlich komplizierter zu bauen. Ihre Sprengkraft entspricht jener von etwa 1000 Atombomben. Sie gewinnen ihre Energie bei der Fusion schwerer Wasserstoff-Isotope. Um diesen Prozess in Gang zu bringen, ist eine hohe Ausgangsenergie nötig.

Eine Wasserstoffbombe muss daher in drei Stufen gezündet werden: Ein konventioneller Sprengsatz bringt eine Atombombe zur Explosion und erst diese löst die Fusion aus. Aufgrund der bislang gemessenen Erdbebendaten bezweifeln Fachleute jedoch, dass es sich tatsächlich um eine Wasserstoffbombe gehandelt hat.

"Ob Wasserstoffbombe oder nicht. Schon ein normaler Nukleartest ist eine enorme Provokation und ein eindeutiger Verstoß gegen die UN-Resolutionen", sagte Koschyk.

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