Jan Böhmermann wusste offenbar genau, was er da tat, als er den türkischen Präsidenten schmähte. Immerhin riet er Recep Tayyip Erdoğan, dieser müsse sich jetzt in Deutschland einen Anwalt nehmen. Nirgendwo aber steht, dass die Anwältin Angela Merkel heißen muss.
Nach dem Gesetz ist die Türkei formell völlig berechtigt, eine Strafverfolgung Böhmermanns zu verlangen. Der Regierung bleibt nur ein Schlupfloch: Sie kann das Verfahren verweigern, wenn sie schweren außenpolitischen Schaden abwenden will. So sieht es der sogenannte Ermächtigungsvorbehalt im Gesetz vor.
Der Fall Böhmermann:Böhmermanns juristische Denksportaufgabe
Die Nation rätselt: Satire oder Schmähkritik? Doch ein verfassungsrechtlicher Test hält eine ziemlich rationale Lösung bereit.
Dieser schwere Schaden aber träte ja vermutlich erst ein, wenn sich Merkel gegen Erdoğan entscheidet. Zwingt der Präsident sie also zu einer Unterwerfung?
Es gibt einen eleganten Ausweg: Außenpolitische Gründe kann die Regierung nicht anführen, um das Strafbegehren abzuwehren - die gibt es nicht. Sie kann auch nicht über die Satirefreiheit urteilen. Das ist Sache der Gerichte. Die Kanzlerin kann die Sache lediglich mit gelassener Geste von sich weisen - Außenpolitik bleibt Außenpolitik, und Recht bleibt Recht. Die Bundesregierung tut, wofür sie zuständig ist, die Gerichte erledigen ihre Angelegenheit. Diese hübsche Lektion in Gewaltenteilung ist jetzt angebracht. Ansonsten gilt auch für Erdoğan: Wer seine politischen Partner derart in die Bredouille bringt, bekommt nicht, was er am meisten braucht - Vertrauen.