Süddeutsche Zeitung

Kunst- und Pressefreiheit:Böhmermann verliert vor Bundesverfassungsgericht

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In der Frage, ob sein Schmähgedicht gegen den türkischen Präsidenten Erdoğan zulässig war, erleidet der Satiriker in letzter Instanz eine Niederlage. Die Richter weisen seine Beschwerde ab, aber ohne Begründung.

In der sechsjährigen Auseinandersetzung um sein Schmähgedicht gegen den türkischen Präsidenten hat der Satiriker Jan Böhmermann vor dem Bundesverfassungsgericht eine Niederlage erlitten. Die zuständigen Richter lehnten seine Verfassungsbeschwerde einer Mitteilung zufolge ab, weil sie "keine Aussicht auf Erfolg" habe. Eine Begründung veröffentlichte das Gericht nicht. Damit bleibt es dem Fernsehmoderator untersagt, seine umstrittenen Äußerungen erneut zu tätigen.

Die Verfassungsbeschwerde legte Böhmermann im Jahr 2019 gegen zwei Urteile von Hamburger Gerichten ein. Sie hatten Äußerungen aus der Satire untersagt, die er 2016 in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" im Sender ZDFneo vorgetragen hatte. In dem sechsminütigen Beitrag, in dem es um die Grenzen von Kunst- und Pressefreiheit ging, hatte Böhmermann auch jene Reime über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan gesprochen, in denen er ihn unter anderem mit Sex mit Tieren in Verbindung bringt. Sie sollten als "Böhmermanns Schmähgedicht" in die deutsche Mediengeschichte eingehen, führten zu einem diplomatischen Eklat zwischen Deutschland und der Türkei und lösten eine Debatte darüber aus, was Satire darf.

Kern der juristischen Auseinandersetzung ist die Frage, ob man andere Personen beleidigen darf, wenn man diese für sich genommen unzulässigen Äußerungen in einen größeren Kontext kleidet - in diesem Fall in die Frage, wie weit die Meinungsfreiheit geht. In Hamburg verboten die Gerichte große Teile des Gedichts. Die betreffenden Passagen enthielten demnach schwere Herabsetzungen, für die es in der Person und im Verhalten Erdoğans keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte gebe.

Erdoğan erstattete nach der Sendung Anzeige wegen Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten - von diesem Paragrafen im Strafgesetzbuch wussten die wenigsten, dass es ihn überhaupt noch gab; er wurde später schließlich auch abgeschafft. Auch die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schaltete sich in die Debatte ein und sagte, es handle sich um einen "bewusst verletzenden Text".

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