Pflanzenschutz:Verbotene Früchte

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Rundherum makellos, so hätten die meisten gerne ihre Äpfel. (Foto: Bernd Weißbrod/dpa)

Nach einem feuchten Sommer sollen am Bodensee Äpfel stärker und anders als üblich gespritzt werden. Doch das wirft jede Menge neue Fragen auf. Auch die, ob jeder Apfel perfekt aussehen muss.

Von Michael Bauchmüller

Grund zur vollen Zufriedenheit haben Landwirte naturgemäß selten. Mal ist es zu kalt, mal zu heiß, mal ist es zu trocken, mal zu nass. In diesem Sommer ist es eindeutig zu feucht, etwa für die Obstbauern am Bodensee. Die nasse Witterung habe zu einem „erhöhten Pilzbefall“ geführt, klagt Dieter Mainberger, selbst Obstbauer und Chef des örtlichen Bauernverbands in Tettnang. Das wiederum führt zu hässlichem Schorf auf den Früchten oder, bei starkem Pilzbefall, zu ihrem Verderben. Mehr Pflanzenschutz – das sei „der einzig gangbare Weg, um die Ernte der Betriebe zu retten“, findet Mainberger. Doch das ist, gerade bei den Äpfeln in und um Tettnang, leicht gesagt.

Denn die Gegend ist nicht nur für ihr Obst bekannt, sondern auch für den Tettnanger Hopfen. Der wiederum wird vorzugsweise nach Japan und in die USA exportiert, und dort wiederum herrscht eine Null-Toleranz-Politik gegen Rückstände des Pestizids Captan – ein gängiges Mittel gegen Pilzbefall. Weil der Wind das Mittel auch zum Hopfen tragen kann, ist es in den Obstplantagen der Gegend tabu. Schon im Juli erließ deshalb das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) eine Notfallzulassung für einen anderen Wirkstoff: Folpet. In der letzten Phase vor der Ernte sollen zumindest in dieser Region Äpfel noch damit gespritzt werden dürfen, und zwar tüchtig. „In diesem Stadium der Entwicklung des Schorfes sind mildere Maßnahmen nicht mehr möglich“, heißt es aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium.

Dumm nur, dass ein strenger Höchstwert für Folpet-Rückstände in Äpfeln gilt: 0,3 Milligramm je Kilo; er gilt in der ganzen EU. Aber auch darauf gibt es eine Antwort, sie ist sieben Seiten lang und wird derzeit mit Ländern und Verbänden konsultiert: eine Verordnung zur vorübergehenden Anhebung des Grenzwertes auf sechs Milligramm. Das wäre Faktor 20. Ist das noch gesund? Dazu sei das Bundesamt für Risikobewertung zurate gezogen worden, heißt es im Landwirtschaftsministerium. Und das habe festgestellt, dass angesichts der Vorgaben für die Anwendung des Stoffes „ein akutes gesundheitliches Risiko für Verbraucherinnen und Verbraucher praktisch ausgeschlossen ist“.

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In die gespritzten Äpfel allerdings müssen Verbraucher in Deutschland beißen, denn für den Export sind sie fortan unbrauchbar – schließlich gelten überall sonst weiter die Höchstwerte der EU. Und anwenden sollten die Obstbauern das Pilzgift auch nur, wenn die Grenzwerte wirklich noch rechtzeitig geändert werden, warnt der Pflanzenschutzdienst des Bodenseekreises. Passiert das nämlich nicht, wären behandelte Äpfel „gesetzlich nicht verkehrsfähig und müssten bei Verlassen des Betriebes vernichtet werden“.

Äpfel mit Schorf hingegen mag der Handel nicht. Sie gelten als zweitklassig, obwohl sie jenseits des äußeren Makels schmecken wie andere auch. Statt an der Obsttheke landen sie häufig im Most. Auch Umweltschützern ist das ein Dorn im Auge, sie halten Folpet für giftig und womöglich krebserregend. „Der Handel nimmt lieber den Schneewittchen-Apfel“, sagt Corinna Hölzel, Pestizid-Expertin beim Umweltverband BUND, „außen schick und innen giftig.“

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