Jetzt ist Gerd Kiepka doch wieder rechts rangefahren. Er hat seinen Opel auf dem Seitenstreifen geparkt und steht nun fassungslos vor dem, was hinter dem Bauzaun geschieht: Bagger beißen unablässig wie zähe Nagetiere in die aufgerissene Flanke der einstigen Lackiererei - hier war einmal Kiepkas Arbeitsplatz. Eisenstreben hängen wie geknickte Streichhölzer aus der Fassade, Schläuche, Rohre, Gummilitzen baumeln im Wind, der einen kalten Regen vor sich her treibt: Das große, alte Tier ist erlegt, und jetzt kommen den ganzen Tag lang Leute hier ans ehemalige Werkstor, um den störrischen Kadaver anzustarren, der, so sieht es aus, möglichst lange seine klaffende Wunde zeigen will. Gerd Kiepka sagt, es sei schon ein besonderes Gefühl. Was für ein Gefühl? "Ein beschissenes Gefühl."
Bochum:Ende Gelände
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Trauer vor Trümmerlandschaft: Jeden Tag kommen Leute vorbei, um sich zu wundern, wie langsam der Abriss des Opelwerks in Bochum vor sich geht.
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Bis zuletzt hatte er gekämpft: Auch der ehemalige Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel kommt immer wieder an der Ruine vorbei.
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Trotz aller Bemühungen musste das Werk Ende 2014 geschlossen werden.
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Nur noch schemenhaft ist das Logo des Autobauers an einer der Werkshallen zu erkennen.
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Eine mögliche Schließung drohte schon seit Jahren - als sie dann kam, war es doch ein Schock für die Stadt.
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Erst 2012 feierte man das fünzigjährige Bestehen des Werkes mit einer Lichtinstallation.
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In den besten Zeiten arbeiteten 20 000 Menschen in dem Werk. Am Schluss waren es keine 3000 mehr.
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Das Ende einer Ära: Nicht nur abends wirkt die Kulisse gespenstisch.
Bild: Volker Wiciok
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Für Bochum war Opel mehr als nur eine Autofabrik. Das Werk war Heimat, Antrieb und Symbol des Arbeitertums. Über eine Stadt, die wieder mal viel Glück braucht.
Von Hilmar Klute