Nach der Festnahme eines Mitarbeiters des Bundesnachrichtendienstes (BND) wegen Spionage für Russland sitzt nun auch ein mutmaßlicher Mittäter in Untersuchungshaft. Der Mann wird nach Angaben des Generalbundesanwalts verdächtigt, die von dem BND-Mitarbeiter ausspionierten geheimen Informationen nach Russland gebracht und dort einem Geheimdienst übergeben zu haben. Der am Sonntag bei seiner Einreise aus den USA am Flughafen München Festgenommene ist demnach deutscher Staatsangehöriger und kein BND-Mitarbeiter.
Der BND-Mitarbeiter Carsten L. war am 21. Dezember in Berlin wegen des Verdachts des Landesverrats festgenommen worden. Laut Generalbundesanwalt ist der nun ebenfalls beschuldigte Arthur E. der Mittäterschaft am Landesverrat dringend verdächtig. Die Ermittlungen seien in enger Zusammenarbeit mit dem BND und mit Unterstützung der US-Bundespolizei FBI geführt worden. Der Beschuldigte wurde demnach am Montag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes vorgeführt. Dieser habe die Untersuchungshaft angeordnet.
Ein Staatsgeheimnis, verraten an Russland
Der im Dezember festgenommene BND-Mitarbeiter soll nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im vergangenen Jahr Informationen, die er im Zuge seiner Arbeit erlangt hatte, an Russland übermittelt haben. Bei den ausspionierten Informationen handele es sich um ein Staatsgeheimnis im Sinne des Strafgesetzbuchs, hatte die Karlsruher Behörde damals mitgeteilt. Damals waren die Wohnung des Verdächtigen und zwei BND-Liegenschaften durchsucht worden.
Exklusiv Moskaus Spion beim BND:Ein Maulwurf, der Maulwürfe jagen sollte
Über den BND-Mitarbeiter, der mutmaßlich für Moskau spioniert hat, dringen neue Einzelheiten nach außen. Demnach war er zuletzt ausgerechnet für die Sicherheitsüberprüfung der deutschen Agenten zuständig. Der BND gerät damit weiter in Erklärungsnot.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte von einem wichtigen Schlag gegen die russische Spionage gesprochen, falls sich der Verdacht bestätige. BND-Präsident Bruno Kahl hatte im Dezember mitgeteilt, nachdem man bei der nachrichtendienstlichen Arbeit von einem möglichen Verdachtsfall in den eigenen Reihen Kenntnis bekommen habe, seien sofort umfangreiche interne Ermittlungen eingeleitet worden. Als diese den Verdacht erhärtet hätten, sei umgehend der Generalbundesanwalt eingeschaltet worden.
Der letzte BND-Maulwurf war 2014 aufgeflogen
Landesverrat kann nach dem Strafgesetzbuch in besonders schweren Fällen mit einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren oder auch einer lebenslangen Freiheitsstrafe geahndet werden. Ein solcher Fall liegt zum Beispiel dann vor, wenn der Täter eine verantwortliche Stellung missbraucht hat, die ihn zur Wahrung von Staatsgeheimnissen besonders verpflichtet. Kahl hatte damals betont, Zurückhaltung und Diskretion seien in dem Fall sehr wichtig. Mit Russland habe man es auf der Gegenseite mit einem Akteur zu tun, "mit dessen Skrupellosigkeit und Gewaltbereitschaft wir zu rechnen haben", ergänzte er. Jedes Detail des Vorgangs, das an die Öffentlichkeit gelange, bedeute einen Vorteil dieses Gegners in der Absicht, Deutschland zu schaden.
Beim BND war zuletzt 2014 ein sogenannter Maulwurf beziehungsweise Doppelagent aufgeflogen. Das Münchner Oberlandesgericht hatte den Mann zwei Jahre später wegen jahrelanger Spionage vor allem für den US-Geheimdienst CIA zu acht Jahren Haft verurteilt. Der damals 32-Jährige wurde des Landesverrats und der Verletzung von Dienstgeheimnissen schuldig gesprochen. Der gelernte Bürokaufmann hatte zwischen 2008 und 2014 mehr als 200 teils streng geheime oder brisante Dokumente des BND an die CIA weitergegeben und dafür mindestens 80 000 Euro kassiert.