Gesucht werden juristische Fachleute, die überparteilich Anerkennung finden: Die Präsidentin des Bundesgerichtshofs soll sie nominieren, das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages sie dann für je sechs Jahre wählen, das Bundeskabinett die Personalie nur noch abnicken. Das sei eine reine Formalie, wird in der Regierung versichert. Auch Richter am Bundesgerichtshof müssten schließlich offiziell vom Kabinett ernannt werden, ohne dass dies ihre Unabhängigkeit schmälere.
Vor allem sollen die Mitglieder des Kontrollrats künftig von 25 Mitarbeitern unterstützt werden. Auch dies folgt einer ziemlich genauen Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts. Damit soll wirkliche Schlagkraft entstehen. Bislang gab es nur ein aus drei Juristen bestehendes "Unabhängiges Gremium", um die gesamte strategische Aufklärung des BND zu kontrollieren, sein Sitz war in Karlsruhe. Ein größeres Zugeständnis hatte die Bundesregierung den BND-Kritikern bei der letzten BND-Reform 2016 nicht machen wollen. Zudem hatten diese drei Juristen ihre Aufgabe nur im Nebenamt wahrgenommen. Darauf folgt nun, was manche in der Regierung als Quantensprung bezeichnen.
Auch die Online-Durchsuchung durch den BND wird in dem Gesetzentwurf geregelt, also die Durchsuchung von Smartphones und Laptops mithilfe von Trojanersoftware, zumindest im Ausland. Die Methode wird in der SPD und der Opposition teils sehr kritisch gesehen. Im gleichen Atemzug wird nun aber eine gerichtliche Kontrolle eingeführt, die es in dieser Intensität noch nirgends gab. Bevor der BND im Ausland ein Handy ausspioniert, muss er künftig immer erst die Genehmigung des Kontrollrats einholen. Selbst in Eilfällen muss zumindest ein Einzelrichter dort entscheiden.
Ein Streitpunkt betrifft noch die Frage, wer dem BND künftig auf die Finger schauen soll, ob er sich an die Entscheidungen des Kontrollrats auch wirklich hält. Das ist eine Aufgabe nicht für Juristen, sondern für Informatiker. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) würde das gern übernehmen. In seiner Behörde gibt es technische Fachleute, die sich in die Rechner des BND einklinken und dort stichprobenhaft die Abläufe überprüfen könnten. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Arbeit in seinem Urteil als "administrative Rechtskontrolle" bezeichnet.
Ein letzter, heikler Punkt betrifft den Umgang mit Journalisten
Andererseits sieht man im Kanzleramt offenbar Probleme aufziehen, wenn die Truppe des Datenschutzbeauftragten mit ins Spiel käme. Vor allem ausländische Nachrichtendienste könnten befürchten, dass die unbedingte Vertraulichkeit dann nicht gewährleistet bleibe. Obwohl der Datenschutzbeauftragte schon bisher den BND kontrolliert - und keinerlei Indiskretionen bekannt sind. Der Gesetzentwurf des Kanzleramts schlägt stattdessen vor, dass der Kontrollrat selbst Informatiker einstellt. Er werde auch schlagkräftiger sein, wenn alle, auch die technische Kompetenz in seiner Hand gebündelt werde statt schon wieder zersplittert.
Ein letzter, heikler Punkt betrifft den Umgang mit Journalisten. Da die Pressefreiheit ohne den Schutz von Informanten leerlaufen würde, darauf hatten die Karlsruher Richter besonders hingewiesen, ist "ein gezieltes Eindringen in solche schutzwürdige Vertraulichkeitsbeziehungen" von Journalisten künftig nur noch mit besonders gewichtiger Begründung erlaubt.
Die Überwachung von Journalisten wird im Gesetzentwurf nun zwar stark eingeschränkt, ist aber weiter nicht vollständig unmöglich. Die Hürden sind jetzt höher: Im Ausnahmefall und zur Abwehr "schwerwiegender Gefahren" für die außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik kann die vertrauliche Kommunikation von ausländischen Journalisten im Ausland belauscht werden. Ob diese Umsetzung des Urteils des Verfassungsgerichts den Verbänden wie Reporter ohne Grenzen oder der Gesellschaft für Freiheitsrechte ausreichen wird, die das Urteil erstritten, wird sich zeigen. Sie sollen schon bald zu dem Entwurf angehört werden.