BND-Ausschuss beendet:Union wirft Steinmeier Wortbruch vor

Nach dreijährigen Ermittlungen im BND-Untersuchungsausschuss zweifelt die Union die Glaubwürdigkeit des SPD-Kanzlerkandidaten an.

Peter Blechschmidt

Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und sein damaliger Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier haben nach Ansicht der Union im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg ein "Doppelspiel gespielt".

Bagdad, Irak-Krieg, AP

Rauch über Bagdad im März 2003. Unklar ist, was exakt die Aufgabe des BND war.

(Foto: Foto: AP)

Die Informationen zweier Agenten des Bundesnachrichtendienstes (BND), die im Frühjahr 2003 in Bagdad im Einsatz waren, seien für die kriegführenden USA "von hoher Relevanz" gewesen, sagte die CDU-Abgeordnete Kristina Köhler am Freitag zum Abschluss des BND-Untersuchungsausschusses in Berlin.

Dies stehe im klaren Widerspruch zu dem Versprechen der damaligen rot-grünen Regierung, sich nicht am Irak-Krieg zu beteiligen. Die Vorgabe Steinmeiers für den BND, keine Informationen von operativ-militärischer Bedeutung an die Amerikaner zu liefern, sei eindeutig gebrochen worden. Dafür trage Steinmeier die politische und moralische Verantwortung, sagte Köhler.

Dem widersprach der SPD-Obmann Michael Hartmann. Der Einsatz in Bagdad sei richtig gewesen, damit die Bundesregierung ein eigenes Lagebild habe gewinnen können mit dem Ziel, sich aus dem Krieg herauszuhalten. Keine einzige Meldung des BND habe zu einem Angriff auf ein konkretes Ziel geführt.

Einig sind sich die Koalitionsparteien, dass deutsche Stellen keine Mitschuld am Schicksal von Personen wie den in Bremen lebenden Türken Murat Kurnaz treffe, die von US-Geheimdiensten entführt und, wie Kurnaz, in Guantanamo viele Jahre festgehalten wurden oder werden.

Deutsche Stellen hätten nie "eine rote Linie" überschritten und immer auf die Wahrung der Menschenrechte geachtet, sagte Hartmann. Allen voran Steinmeier habe stets "umsichtig und verantwortungsbewusst" gehandelt. Dagegen wandte Köhler ein, es habe durch das Kanzleramt "kein nachdrückliches Bemühen" um eine frühzeitige Freilassung von Kurnaz aus Guantanamo gegeben.

Das sieht die Opposition noch schärfer. Der Grüne Hans-Christian Ströbele wies Steinmeier eine "direkte Verantwortung" für das Schicksal von Kurnaz zu. "Unter seiner Leitung wurde die Chance nicht genutzt, Kurnaz fast vier Jahre Guantanamo zu ersparen", erklärte Ströbele. FDP-Obmann Max Stadler sagte, dass die Bundesregierung jahrelang die Rückkehr von Kurnaz verhindert habe, komme einer Verbannung gleich.

Stadler vermied jedoch eine direkte Schuldzuweisung an die Adresse Steinmeiers. Vielmehr seien alle zuständigen Spitzen in Regierung und Behörden dafür verantwortlich, dass es nach dem 11.September 2001 einen "Paradigmenwechsel" von rechtsstaatlichem Handeln hin zu überzogenem Sicherheitsdenken gegeben habe. Seitdem hätten "vage Verdachtsmomente" ausgereicht für gravierende Eingriffe in Grundrechte.

Auch der Links-Abgeordnete Norman Paëch sprach von einer "erschreckenden Erosion rechtsstaatlichen Denkens". Einig waren sich alle drei Oppositionsparteien, dass der BND-Einsatz eine mehr oder weniger direkte Beteiligung am Irak-Krieg gewesen sei.

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