BND-Affäre:Geheimbericht soll veröffentlicht werden

Der Skandal um bespitzelte Journalisten gewinnt weiter an Fahrt: Während der frühere Geheimdienstkoordinator Schmidbauer seine Arbeit im Parlamentsgremium zur Geheimdienstkontrolle ruhen lässt, soll ein bislang unter Verschluss gehaltener Bericht öffentlich gemacht werden.

Diese Absichtserklärung hat das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) nach Mitteilung seines Vorsitzenden Norbert Röttgen (CDU) bei einer Enthaltung einstimmig beschlossen.

Zuvor war bekannt geworden, dass die Affäre zu ersten personellen Konsequenzen geführt hat: Der frühere Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer (CDU) hat sich aus der Aufklärung der Affäre durch das Parlamentsgremium zur Geheimdienstkontrolle (PKG) zurückgezogen.

Er wolle nicht an der Aufklärung der Fälle mitwirken, die sich in seiner Amtszeit abgespielt hätten, sagte Schmidbauer unmittelbar vor einer PKG-Sondersitzung. Zuvor war seine Rolle im PKG heftig kritisiert worden.

Der BND hatte kurz zuvor den Vorwurf zurückgewiesen, auch Telefonate von Journalisten abgehört zu haben. "Spiegel", "Stern" und "Focus" kündigten juristische Schritte gegen den BND an.

Schmidbauer war unter Ex-Kanzler Helmut Kohl für die Koordinierung der Geheimdienste verantwortlich. Er bestritt, in seiner damaligen Funktion Kenntnis "von den in Frage stehenden Fällen" gehabt zu haben. Erneut betonte Schmidbauer, er habe in seiner Amtszeit "die Arbeit mit Journalisten" durch den BND untersagt.

Schmidbauer hatte den früheren BND-Präidenten Hansjörg Geiger beschuldigt, 1996 die Überwachung eines Journalisten angeordnet zu haben, um Imformationslecks beim BND zu klären. Dies hatte Geiger zurückgewiesen.

Zwischen den Fraktionen brach unterdessen ein Streit aus, ob der Bericht des Sonderermittlers, des ehemaligen Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof, Gerhard Schäfer, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Dies fordern Grüne und FDP. Für die Union lehnte dies der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl ab.

BND: Keine technische Überwachung von Journalisten

Laut einem BND-Sprecher gab es "zu keinem Zeitpunkt" technische Überwachung oder ein Abhören von Journalisten. Die Berliner Zeitung hatte berichtet, dass "gezielt und zeitlich begrenzt" bis in die jüngste Vergangenheit hinein Lauschangriffe auf Medienvertreter verübt worden seien, häufig durch eine andere Behörde im Auftrag des BND.

Meist seien sie gegen Privatanschlüsse und Handys gerichtet gewesen. Der Autor des Artikels, Andreas Förster, bezeichnete seine Quellen im Bayerischen Rundfunk als verlässlich.

Der Stern berichtete, in der früheren Hamburger Wohnung eines seiner Journalisten sei ein Gerät für Lauschangriffe entdeckt worden. Es sei im Sommer 2005 von einem Techniker der Telekom aufgespürt worden. Der Stern-Autor wohnte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Wohnung. Laut einem Gutachten trug das Gerät "die Handschrift eines Geheimdienstes". Der frühere BND-Chef August Hanning habe jedoch versichert: "Der BND hat nie Telefonüberwachung gemacht."

Zu den Journalisten, die bespitzelt wurden, gehörte auch Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust. Aust sagte dem Hamburger Abendblatt vom Dienstag, dass in den BND-Akten sogar Fotos existieren sollen, die ihn auf seinem Reiterhof zeigten. Ebenfalls überwacht wurde nach eigenen Angaben der Geheimdienstexperte Hans Leyendecker von der Süddeutschen Zeitung.

Der freie Journalist und Kriegsreporter Erwin Decker gab sich gegenüber der Bild-Zeitung vom Dienstag als BND-Spitzel zu erkennen. Aus Rache habe er Informationen über den Focus-Redakteur Josef Hufelschulte an den Leiter der BND-Sicherheitsabteilung, Volker Foertsch, weitergegeben. Er habe kein Geld für seine Informationen erhalten, sagte Decker laut Bild.

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