Blutige Eskalation in Bahrain:Tote auf dem Perlenplatz

Angriff im Morgengrauen: Sicherheitskräfte feuern mit Tränengas und scharfer Munition auf Oppositionelle im Zentrum Manamas - der König hat zuvor das Militär zum harten Vorgehen ermächtigt.

In Bahrains Hauptstadt Manama haben Truppen und Sicherheitskräfte Hunderte Regierungsgegner angegriffen. Polizisten und Militäreinheiten rückten kurz nach Tagesanbruch auf den von Demonstranten besetzten Perlenplatz vor und setzten Tränengas gegen die Menschenmenge ein.

Blutige Eskalation in Bahrain: Unzählige Menschen sind bei den Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und Militäreinheiten in Manama verletzt worden.

Unzählige Menschen sind bei den Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und Militäreinheiten in Manama verletzt worden.

(Foto: AFP)

Insgesamt sollen sechs Menschen ums Leben gekommen sein. Demonstranten berichteten, zwei Zivilisten seien bei der Räumung getötet worden. Ein weiterer sei später seinen Schussverletzungen erlegen. Das Innenministerium vermeldete einen toten Polizisten. Das Staatsfernsehen berichtete zudem, zwei weitere Polizisten seien ums Leben gekommen, nachdem sie von einem Fahrzeug angefahren wurden.

Die Opposition spricht angesichts des harten Vorgehens der Regierung gegen Demonstranten von einem "Vernichtungskrieg". Bei einem Einsatz der bahrainischen Truppen seien allein am Mittwoch fünf Menschen getötet und Hunderte verletzt worden, sagte ein hochrangiger Vertreter der schiitischen Opposition, Abdel Dschalil Chalil.

Zahlreiche Menschen seien bei der Erstürmung des Perlenplatzes in der Hauptstadt Manama verletzt worden, sagte der Oppositionsabgeordnete Chalil Marsuk. "Das passiert noch nicht einmal im wirklichen Krieg und ist nicht akzeptabel", sagte er. Zudem seien Truppen ins ganze Land ausgeschwärmt und sperrten dort Straßen ab.

Panzer unterstützten den Angriff auf dem Perlenplatz. Auf Fernsehbildern war schwarzer Rauch zu sehen. Hubschrauber kreisten über der flüchtenden Menschenmenge. Die Demonstranten flüchteten zunächst vom Perlenplatz und suchten in Seitenstraßen Schutz. Unklar ist, ob an dem Einsatz Soldaten aus anderen Golfstaaten wie Saudi-Arabien beteiligt waren. Bei Zusammenstößen kamen bereits am Dienstag mindestens zwei Zivilisten ums Leben. Nach Behördenangaben wurde auch ein saudischer Soldat getötet.

Das Staatsfernsehen sendete Aufnahmen von der Räumungsaktion, in denen Militärfahrzeuge mit der rot-weißen Flagge Bahrains zu sehen waren. Auf dem Video war auch der von Trümmern bedeckte Boden des Perlenplatzes zu sehen, auf dem unter anderem Satellitenschüsseln und verkohlte Zeltstangen lagen.

Deutsche sollen das Land verlassen

Das Auswärtige Amt empfahl den in Bahrain lebenden Deutschen, den Golfstaat zu verlassen. Man sehe die Entwicklung in dem Land mit großer Sorge, sagte ein Sprecher. Etwa 250 Deutsche leben den Angaben nach in Bahrain.

Mindestens in der Stadtmitte war das Mobilfunknetz gestört und das Internet langsam. In etlichen schiitischen Dörfern gingen die Menschen aus Protest gegen das Vorgehen der Sicherheitskräfte am Morgen zum Gebet in die Moscheen. Einige Menschen zündeten Feuer an. Aus verschiedenen Orten in schiitischen Gebieten wurden Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften gemeldet.

Drei Monate Notstand

Ende vergangenen Monats hatten die Sicherheitskräfte den Perlenplatz schon einmal geräumt. Nach tödlichen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Militäreinheiten besetzten die Protestierenden den Platz erneut.

Wegen der andauernden Proteste rief der König von Bahrain einen dreimonatigen Notstand aus. Das Militär wies er an, gegen die Unruhen vorzugehen. Die Demonstranten fordern größere politische Freiheiten von den sunnitischen Herrschern des Staats.

Angeführt wird die Protestbewegung von Schiiten, die in Bahrain die Mehrheit bilden. Über die Hälfte der Bevölkerung besteht aus Schiiten. Den deutlich geringeren Anteil bilden die Sunniten mit etwa einem Viertel der Bevölkerung.

Saudi-Arabien hatte vergangenen Montag eine 1000-Mann starke Truppe nach Bahrain entsandt. Das arabische Nachbarland fürchtet, dass die Demonstrationen übergreifen. In Saudi-Arabien lebt eine schiitische Minderheit, vorwiegend im Osten des Landes, wo die meisten Ölquellen sind. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate haben laut deren Außenminister Abdullah bin Zayed Al-Nahyan etwa 500 Polizisten nach Bahrain geschickt.

Der Iran und die militante schiitische Miliz Hisbollah im Libanon verurteilten am Dienstag den Einsatz saudischer Soldaten in Bahrain. Zwar unterhält der Iran keine direkten Verbindungen zur schiitischen Opposition in dem Golfstaat. Doch Bahrain wurde von einigen iranischen Hardlinern wiederholt als 14. Provinz der islamischen Republik bezeichnet.

US-Außenministerin Hillary Clinton zeigte sich am Dienstag in Kairo nach der Ausrufung des Notstands alarmiert von dem "provokativen Akt und der konfessionellen Gewalt". In einem Telefongespräch mit dem saudischen Außenminister Prinz Saud al Faisal habe sie betont, dass die ausländischen Soldaten sich für einen Dialog zwischen der Regierung und der Protestbewegung in Bahrain einsetzen müssten, sagte Clinton. Sie appelierte zu "Ruhe und Zurückhaltung."

Clinton bestärkte das ägyptische Volk in seinem Wunsch nach politischen Reformen bestärkt. Außerdem rief sie die Übergangsregierung in Ägypten auf, ihre zugesagten demokratischen Reformen umzusetzen. "Den Menschen in Ägypten möchte ich sagen, dass dieser Moment der Geschichte euch gehört", erklärte Clinton.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: