Ein britischer Soldat muss sich wegen der Tötung von Demonstranten während des Nordirlandkonflikts am sogenannten "Bloody Sunday" von 1972 vor Gericht verantworten. Der Mann mit dem Decknamen "Soldier F" werde wegen Mordes an James Wray und William McKinney angeklagt sowie für versuchte Morde an vier weiteren Demonstranten. Dies teilte die nordirische Staatsanwaltschaft mit. Die übrigen 18 Verdächtigen, darunter 16 britische Soldaten und zwei Mitglieder der als Terrororganisation eingestuften "Irish Republican Army" würden aus Mangel an belastendem Material jedoch nicht angeklagt.
Am 30. Januar 1972 kam es im nordirischen Londonderry, das bis zum 17. Jahrhundert Derry hieß und von irischen Republikanern noch heute so genannt wird, zu Auseinandersetzungen zwischen katholisch-republikanischen Demonstranten und der britischen Armee. Insgesamt erschossen die Soldaten vierzehn Menschen, unter ihnen viele Minderjährige. Einige flohen gerade und wurden in den Rücken geschossen. Mindestens vierzehn weitere wurden verletzt.
In einer ersten Untersuchung der Ereignisse wurde den Schützen zwar "Rücksichtslosigkeit" bescheinigt, ansonsten aber die Version der Soldaten bestätigt, auf bewaffnete Gegner geschossen zu haben. Die Untersuchung wurde als "verharmlosend" kritisiert, 1998 eine neue Kommission eingesetzt.
Erst 2010 erkannte der damalige britische Premierminister David Cameron die Schuld Großbritanniens offiziell an und entschuldigte sich im Namen der britischen Regierung. Die britischen Soldaten hätten zuerst geschossen und das Feuer auf unbewaffnete, flüchtende Zivilisten eröffnet. Zuvor war nach etwa zwölf Jahren Arbeit der entsprechende Abschlussbericht der zweiten Untersuchungskommission veröffentlicht worden.
Der Brexit und die Möglichkeit einer harten Grenze zwischen der Republik Irland und dem britischen Landesteil Nordirland haben die Spannungen im Grenzgebiet wieder steigen lassen. In Derry/Londonderry war im Januar eine Autobombe explodiert, eine irisch-nationalistische Splittergruppe bekannte sich zu dem Anschlag. Auf der ganzen Insel steigt die Angst, mit einem ungeregelten Brexit könnte die Gewalt wiederaufflammen.